Lukmanierpass – Cadlimohütte SAC – Oberalppass

Eine ausgezeichnete Idee von Susanne und Richi war das, uns auf eine zweitägige Hüttentour zu locken – in einem uns nicht bekannten Gebiet.

Erster Tag (Lukmanierpass – Cadlimohütte SAC)
Mit dem Postauto erreichten wir den Lukmanierpass nach einer halben Stunde Fahrzeit kurz vor elf Uhr. Nach einem Startkafi im Hospezi Sta. Maria starteten wir um 11:15 Uhr. Zu Beginn verlief die Wanderung auf der trotz Fahrverbot von einigen (bequemen?) Automobilisten benutzten Naturstrasse bis zum Ufer des Stausees Lai da Sontga Maria, dessen Bogenstaumauer sich am Nordende befindet. In einem weiten Bogen erreichten wir nach etwa 2 km am südwestlichen Seeende bei P.1924 die Stelle, wo sich der Weg teilt; links ginge es ins Val Termine resp. in Richtung Passo dell’ Olmo. Wir verliessen die Holperpiste, um den Rein da Medel (Medelser Rhein) über eine kleine Hängebrücke zu überqueren. Der Rein da Medel ist der längste Quellfluss des Rheins und er durchströmt die Talschaften Val Cadlimo und Val Medel. Auf den nächsten anderthalb Kilometern waren ca. 280 Hm Steigung zu bewältigen, hinein ins einsame und unbewohnte Val Cadlimo. Der gut markierte Pfad (w-r-w) war wegen des wilden Gestrüps nicht durchgehend zu erkennen; mit zunehmender Höhe dann einige hohe Tritte, welche über Granitplatten führte. Ab ca. 2100 m.ü.M. dann eindrückliches Blockgelände. Beim P.2192 trafen wir auf eine Kleinstsiedlung mit einer sehr einfachen Hütte und einer kleinen Jurte. Den Utensilien nach zu schliessen (tibetische Gebetsfahnen, Gebetsmühlen, Buddafiguren) lebt hier  jemand, wahrscheinlich während des Sommers. Wie wir später erfuhren, ein italienischsprachiger Buddhist, der zusammen mit seinen Hunden eine etwa 100 Yaks grosse Herde und wahrscheinlich auch Schafe behirtet. Immer entlang des Gewässers erreichten wir nach etwa 1200 m Stabbio Nuovo (2229 m), wo ein kleines Wehr steht. Hier rasteten wir kurz, um dann weiter zu ziehen, noch immer entlang des Medelser Rheins. Nach Stabbio di Mezzo (P.2299) wurde das Gelände etwas weiter, und die ersten Bergseelein (Lago dell’Isra, Lago dello Stabbio) zogen unsere Blicke an. Das Gelände oberhalb der Seen heisst Motti dell’Isra. In diesem Bereich wurde das Gelände zunehmend steiler. Schon von weitem erkannten wir eine grosse Herde Yaks, eine in Zentralasien verbreitete Rinderart. Bald schon kamen uns einige Hirte (auch der beschriebene Buddhist war dabei) mit ihren Herdenhunden entgegen, die darüber berichteten, dass heute junge Yaks zur Welt gekommen seien und wir vorsichtig Abstand haltend und ohne anzuhalten, passieren sollten. Je näher wir kamen, desto mehr bewegte sich die Herde weg von unserem Weg. Dann aber die freudige Überraschung: eine Yak-Mutter hatte soeben geboren und brachte ihrem Baby die ersten Schritte bei. Wir traversierten in ca. 20 m Abstand und beobachteten die eindrückliche Szene – ein schönes und emotionales Bild! Im weiteren Verlauf des Hüttenzustiegs dann der Blick zu den nächsten Seen (Lago Scuro, Laghetti die Taneda, Lago di Tom). Auf der mittlerweile erreichten Höhe von ca. 2500 m.ü.M. öffnete sich der Weitblick auf die Tessiner Zustiege vom Ritómsee und von Airolo, sowie in die Tessiner Voralpen. Dann der letzte See vor der Hütte, der Lago di Dentro – und unvermittelt erblickten wir die Fahnen der Cadlimohütte (2570 m).

In der voll besetzten Hütte genossen wir den späten Nachmittag, die nette Tischgesellschaft, vor allem aber den absoluten Höhepunkt des Tages: Richi’s Bad im hütteneigenen Badesee (bei ca. 8°!), und zum Abschluss das leckere Abendessen. Grosses Kompliment an das Hüttenteam mit Hüttenwart Heinz Tschümperlin!

Zweiter Tag (Cadlimohütte SAC – Passo Bornengo – Maighelshütte SAC – Oberalppass)
Trotz voll besetzter Hütte (ca. 80 Personen) erlebten wir eine ruhige und erholsame Nacht. Nicht zu früh, kurz vor 7 Uhr, Tagwacht und anschliessend Frühstück. Viele der BesucherInnen wählten einen der Tessiner Abstiege oder denjenigen zum Lukmanierpass. Wir hatten den anspruchsvollen Steilabstieg von etwa 220 Hm (1.3 km) über die Bocchetta di Cadlimo auf die Pian di Bornengo hinunter vor uns – grosse Tritte, viel Geröll und steiles Gelände! Oberhalb der Pian di Bornengo dann der von weitem sichtbare Übergang ins Val Maighels, der Passo del Bornengo (2631 m). Im sehr steilen und ebenfalls etwa 1.2 km langen Aufstieg waren fast 300 Hm hinauf zu keuchen; genug, um die ganze Energiezufuhr des Frühstücks zu verbrennen. Vor der Passhöhe waren noch steile Altschneefelder auf gut zu tretenden Spuren zu traversieren. Schon von weit unten waren viele Steinböcke zu erkennen, die sich dann aber leider nach Osten in Richtung Piz Borel verzogen. Auf dem Pass dann wie erwartet der Blick ins Maighelstal und in die Weite (Piz Cavradi, Six Madun, Crispalt, usw.). Die heute noch stärkere Bise (Böen von geschätzten 50 km/h) hinderte uns daran, länger zu verweilen. Und ja, die ins Blickfeld gerückte Maighelshütte wollten wir um die Mittagszeit erreichen… Der Abstieg zum auf 2511 m.ü.M. gelegenen namenlosen See führte durch und über Blocks und Schotter, so wie es uns immer wieder gefällt. Nach etwa 2.4 km flachte das Gelände ab und wir passierten unterhalb des Pass Maighels. Dort wurden wir von einer grossen Steinmänner-Armee empfangen – eindrücklich. Im weiteren (keineswegs steilen) Abstieg erreichten wir den um einige Meter vom Wanderpfad weg liegenden Piogn Crap, eine veritable Schlucht. Weiter folgte Stavel da Maighels. Beim hübsch gelegenen Lai Urlaun verliessen wir den Weg, um wenige Meter aufzusteigen zur Maighelshütte. Die immer noch starke Bise trieb uns rein in die Stube, wo wir leckere Rösti’s genossen. So gestärkt machten wir uns auf die vier Kilometer lange Schlussstrecke, welche erst etwas unattraktiv auf dem (ungeteerten) Fahrweg verlief. Bei P.2079 verliessen wir die Strasse, um auf der westwärts gelegenen Seite Plauncas Cuflegl zu traversieren. Erstaunlich viel Wandervolk hier oben! Und erstaunlich auch, dass es HunderhalterInnen schafften, daran erinnert zu werden, dass hier Leinenpflicht gelte (weil Muttertierherden zu durchqueren waren). Der immer lauter werdende Lärm von der Passstrasse kündigte an, dass die Zivilisation nahte. Wenigstens waren die letzten paar hundert Meter bis zum Pass nicht auf, sondern parallel zur stark befahrenen Passstrasse zurückzulegen. Oben dann das erwartete Bild (Kampfwanderer in Vollausrüstung, Kampffahrer auf zwei und vier Rädern, flipflop-bewehrte Touris aller Farben und Rassen, usw). Unter solchen Umständen hatten wir es eilig: ab in den RhB-Zug in Richtung Disentis, wo wir 50 Minuten später eintrafen – ausreichend Zeit, um Roger F’s grossartigen Sieg in Wimbledon mitzuerleben!

Fazit:
Eine zweitägige Hüttentour par excellence – ein grosses Dankeschön an unsere beiden Wanderfreunde Susanne und Richi, welche uns sehr angenehme Gesellschaft leisteten.

Wetterverhältnisse:
An beiden Tagen grossmehrheitlich sonnig mit etwas Bewölkung, trocken, angenehme 12 bis 24°, starke, böenartige Bise, die etwas störte.

Hilfsmittel:
Feste Wanderschuhe, Stöcke; Kartenmaterial, GPS-Maschine

Parameter:
Tour-Datum: 15./16. Juli 2017
Schwierigkeit: T2 (Stellen T3)
Strecke: total 25.8 km, davon am 1. Tag 11.9 km ab Lukmanierpass (1923 m) – Val Cadlimo – Cadlimohütte SAC (2570 m), am 2. Tag 13.7 km ab Cadlimohütte – Pian di Bornengo – Passo del Bornengo (2631 m) – P.2374 (nahe Pass Maighels) – Piogn Crap – Maighelshütte (2314 m) – Plauncas Cuflegl – Oberalppass (2044 m)
Aufstieg: insgesamt ca. 1230 m
Abstieg: insgesamt ca. 1142 m
Laufzeit ohne Pausen: total ca. 7 Std. 45 Min. (1. Tag: 3 Std. 30 Min, 2. Tag: 4 Std. 15 Min.)
Laufzeit mit Pausen: total ca. 11 Std. (1. Tag: 4 Std. 30 Min, 2. Tag: 6 Std. 30 Min.)

Kamera:
Sony DSC-HX90V

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