Via Panoramica Val Bregaglia

Zehn Stunden ÖV-Fahrt Hin- und Rückfahrt und dann noch fünf Stunden Wandern – muss das sein? Ganz klar Ja, sehr lohnend (nicht nur anstrengend)! Zum ersten ist die Bahnfahrt, vor allem ab Chur mit der Welterbe-Bahn RhB immer wieder eine Augenweide (Strecke Chur – Thusis – Filisur – Bergün – Albulatunnel – St. Moritz), aber auch die Postautofahrt ab St. Moritz über den Malojapass zum Startpunkt Casaccia gefällt uns immer wieder. Ankunft in Casaccia um 09:58 – und los ging es ohne Verzug, Wegweiser Via Panoramica Nr. 796 (weiss-rot-weiss).

Soglio war das Tagesziel. Ob wir die Strecke heute laufen konnten, war nicht von der aktuellen Schönwetterlage abhängig (siehe weiter unter «Wetterverhältnisse» und Bilder). Bereits auf den ersten 800 Metern beim Queren der Ebene war der Weg zwar trocken, die Wiesen vom mittlerweile abgeflossenen Hochwasser der gestern überlaufenen, wilden Maira noch flach am Boden. Hier geht der Blick unweigerlich zur mächtigen Staumauer des Lägh da l’Albigna (2165 m) und den berühmten Zacken der Fiamma (2446 m). Bei P.1443 überquerten wir die reissende, noch immer viel Wasser führende Maira. Bis zum Kraftwerk Löbbia verlief der Weg etwas oberhalb, parallel zur tosenden Maira. An einigen Stellen war der Fahrweg teilweise abgerutscht und Arbeiter sperrten ab. Beim Kraftwerk blieben wir am rechten Ufer um bis P.1348 der Maira wieder näher zu kommen. Dann die Seite haltend leicht aufsteigend bis Barga d’Ora (P.1368). Bei dieser Verzweigung galt es links (geradeaus) zu halten, um nach etwa 1.2 km das etwas tiefer liegende Dörfchen Roticcio (1268 m) zu erreichen. Zwischen den Häuser hindurch passierten wir ausgangs des Weilers ein aussergewöhnliches Wohnhaus modernster Architektur. Von hier geniesst man die Aussicht nach Vicosoprano hinunter und auf die das Dorf umfahrende (Pass-)Strasse., welche nach Chiavenna führt. Gleich nach Roticcio war ein erster Wildbach zu überqueren, der Pfad musste als Bachbett dienen, Arbeiter waren schon an der Ausbesserung, die intakte Brücke erreichten wir mit etwas Akrobatik. Jetzt begann es zu steigen bis eine Höhe von ca. 1400 m. ü. M. erreicht war. Mischwald wechselte ab mit Durchblicken zu den zackigen Felsen auf der gegenüberliegenden Talseite. Bald folgt eine ernsthafte «Schlüsselstelle»: ein grosse Tanne, welche bestimmt am Vortag vom Gewittersturm «gefällt» worden ist, stellte uns vor ein Rätsel. Übersteigen ging ebenso wenig, wie im sehr steilen Gelände auszuweichen. Unterdurch zu kriechen war die einzige Möglichkeit, Rucksack und Stöcke voraus, und wir hintendrein. Bei Bleis dann schon wieder einer dieser heute wildgewordenen Bäche, deren Überquerung ziemlich trickreich waren. Zur Erholung dann der Wow-Effekt: zum ersten Mal zeigte sich der Pizzo Badile (3305 m) mit dessen berühmter Nordwand. An einem besonders schönen Platz stand eine einladende Bankniederlassung mit Tiefblick nach Vicosoprano hinunter und zu den gegenüber stehenden «Dolomiten» – gerade richtig, um unsere Mittagsrast abzuhalten. Gut erholt wanderten wir die Höhe haltend weiter bis zur Verzweigung bei P.1350 (Brügnet) – hier führt ein Pfad hinunter nach Vicosoprano. Wenige Meter weiter versprach ein Plakat, dass bald eine Beiz erreicht sei (15 Minuten bis zum Ristoro Munt Durbegia) – für uns zu spät. Die sehr schön und aussichtsreich gelegene Alpbeiz passierten wir mangels Durst und Hunger. Nun befanden wir uns auf Höhe des Talorts Borgonovo, und gegenüber der heute allgegenwärtige und sehr fotogene Badile. Bald einmal war ein wiederum viel (braunes) Wasser führender Bach namens Valer zu überqueren – diesmal über eine intakte Brücke. Und wenige Meter später dann die Fopeta, mit einem richtigen Wasserfall (fast schon einer Dusche gleich…); die Brücke war wohl vom gestrigen Unwetter weggespült. Bald folgte der nächste Bach, die Peista, fast schon romantisch, diesen turnend zu überqueren. Jetzt ging der Ausblick ins Val Bondasca hinüber, darüber der unruhige Pizzo Cengalo (3369 m) und rechts der Pizzo Badile; im Tal ist das bemitleidenswerte Bondo zu sehen. Jetzt folgte eine besonders schöne Strecke über plattige Stufen auf und mehrheitlich ab. Der Blick nach Soglio öffnete sich dann kurz vor Ende der Wanderung. Im schönen Dorf gab es dann noch eine Stange Panaché, bis wir vom Kleinpostauto um 16:19 Uhr abgeholt wurden; die Rückfahrt dann mit Umsteigen in Protomongo und über den Malojapass.

Fazit:
Zeitfenster (betr. Wetterlage) optimal genutzt, der richtig Zeitpunkt für diese wunderschöne Panoramatour im Val Bregaglia.

Wetterverhältnisse:
Ausgangslage:
in der Nacht von gestern Dienstag/Mittwoch und am Mittwochvormittag fiel im Bergell intensiver Regen. Stellenweise gab es innert 18 Stunden mehr als 100 Millimeter Niederschlag. In Soglio wurden 119 Millimeter verzeichnet, in Vicosoprano 103 Millimeter gemessen.
Heute: ein wunderschöner sonniger Tag, kein Niederschlag, etwas Wind (10 bis 20 km/h), Temperatur ca. 15 bis 24°. Und unter diesen Verhältnissen eine nicht ganz anspruchslose Wanderung…

Hilfsmittel:
Stöcke, Kartenmaterial, GPS-Maschine

Parameter:
Tour-Datum: 13. Juni 2019
Anforderung: T2
Strecke: 14.7 km, Via Panoramica Nr. 796 ab Casaccia (1458 m) – Roticcio (1268 m) – Durbegia (1403 m) – Soglio (1090 m)
Aufstieg: ca. 460 m
Abstieg: ca. -810 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 5 Std. 45 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 4 Std. 30 Min.

3 Gedanken zu „Via Panoramica Val Bregaglia“

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