Wildstrubel 3242 m – unverspurt, schöner geht kaum…

…anstrengender wohl auch nicht! Nachdem wir unsere Traumtour im März letzten Jahres verschieben mussten, hatten wir diesmal alles Glück auf unserer Seite: gute Gesundheit, bestes Wetter (Zwischenhoch genau während dieser Zeit!), und die sehr angenehme und gastliche Lämmerenhütte mit den sympathischen Hüttenwarten Barbara und Christian Wäfler (seit 23 Jahren!) und Team. Doch der Reihe nach:

Erster Tag:
Die Reise begann ziemlich spektakulär, mit der Bergfahrt der Gemmibahn, hoch zur Gemmi. Die Lage oben auf den Felsen ist beeindruckend – mehr als 900 Meter über Leukerbad stehend. Oben angekommen, verzogen wir uns trotz schönstem Wetter gerne ins Berghotel Wildstrubel – die kräftige Bise sorgte für ein Temperaturgefühl um 15 Minusgraden. Für den z’Mittag im Restaurant, und natürlich für den Genuss des Tiefblicks blieb uns ausreichend Zeit. Um 15.10 waren wir verabredet mit Bergführer Christian – das ist Dienstleistung! In seiner Begleitung zogen wir fast schon gemütlich hinunter ins Lämmerendalu, um dann leicht an- und wieder absteigend den Lämmerenboden zu erreichen. Schurgerade führte der ca. 2 km lange Trail über die weite Ebene, bei P. 2290 vorbei über einen kleinen Buckel. Vor uns der Blick zum morgigen Tagesziel, dem Wildstrubel, und rechts auf der Felsstufe war schon die ganze Zeit die Hütte zu sehen. Bei P. 2315 dann die Steilstufe, welche nach links (südwestlich) ausholte, und auf der ca. 120 Hm aufzusteigen waren. Die Stelle wird vom Hüttenteam markiert und unterhalten und laufend freigeschaufelt(!). Oberhalb dieser markanten Stufe änderte die Richtung wieder in nordöstlicher Richtung; nach etwa 15 Minuten standen wir vor der Lämmerenhütte. Beim leckeren z’Nacht dann Informationen von Christian für den morgigen Gipfeltag – eins war klar: ein Spaziergang würde das nicht werden. Wenigstens sollte uns die Lawinengefahr (Stufe 3 erheblich) kaum Sorgen bereiten, das Fehlen jeglicher Spuren schon eher. Der Neuschnee der letzten Tage (ca. 30 cm Pulver) und auch der starke Wind retuschierten die Berglandschaft sauber. So richtig zuversichtlich legten wir uns nicht schlafen – wenigstens hatten wir einen Schlafraum für uns, weil die Hütte nur gerade mit 12 Gästen belegt war.

Zweiter Tag:
Nach einer ruhigen Nacht und unerwartet gutem Schlaf um 6 Uhr der Weckruf. Draussen hellte sich der Himmel schon, minus 10 Grad, kein Wind! Kurzes Frühstück, nicht benötigter Ballast in der Hütte deponieren, Zähne putzen – und los ging es, nicht zu früh, kurz vor halb acht. Auf der Hüttenspur zurück, dann vorerst gespurt weiter um den Fels des Lämmerenhorn herum. Was jetzt begann, war harte Knochenarbeit – die Sonne begrüsste uns auch schon, und vor uns der Blick zum dreigipfligen Strubel (Lenker Gipfel 3244 m, Mittelgipfel 3242 m, Grosstrubel 3042 m). Unser Ziel war der Mittelgipfel. Wie schon am Vorabend angekündigt, führte uns Christian zum und auf den Gletscher, in Richtung Mittelmoräne haltend. Vom Gletscher und seinen Spalten war nichts zu sehen – zu gut war alles eingeschneit. Trotzdem oder gerade deswegen nahm uns Christian ans Seil. Kurze Trinkpause, eine erste Schicht ausziehen – wir wurden überholt von einem jungen Pärchen, welches zügig hoch fellte. Ihre Spur war für uns aber kaum zu gebrauchen, weil zu weich und zu schmal. Auf etwa 2800 m Höhe dann der markante Felszahn (P. 3172); vor diesem begann es links haltend richtig steil zu werden. Im Bereich des fotogenen Gletscherauges ist die Neigung >30° – also Rutschgefahr. Das Gletscherauge links steil unterquerend, spurten wir mehr oder weniger in direkter Linie dem nun vor uns sichtbaren Mittelgipfel zu. Christian hatte ein Einsehen mit mir und baute unterhalb des Gipfels doch eine Erholungskurve ein. Von der Stampferei etwas mitgenommen, nahm ich zum letzten (Doping-)Mittel Zuflucht – Gly-Coramin Lutschtabletten; Doris hatte sowas nicht nötig. Das wirkte Wunder, und schon standen wir oben – nach drei Stunden Aufstieg! Respektabel bei solchen Verhältnissen. Welche Prachtaussicht – wir waren sprachlos (und das kommt selten vor, hatte aber Gründe!). Praktisch Windstille, und wegen der trockenen Luft eine Fernsicht vom Feinsten – und Christian sprudelte nur so mit seiner Gipfelaufzählung. Nach diesem Genuss suchten wir etwas unterhalb des Gipfelkreuzes (natürlich auf der «richtigen» Seite…) ein geschütztes Plätzchen, um zu trinken und ein Biberli zu verdrücken. Nach dieser ausgiebigen Pause brachen wir auf zum Abfahrts-Galopp – Christian in grossen Schritten voraus, immer in der Nähe der Aufstiegspur. Durch diesen Pulverschnee hinunter zu waten bereitete grosses Vergnügen – ganz ohne Kraftaufwand ging es dennoch nicht. Ausserdem wärmte die Sonne so stark, dass wir uns einer weiteren Schicht entledigen konnten. Der weitere Abstieg verlief sehr rasch, nach nicht einmal zwei Stunden erreichten wir die Hütte wieder. Doris gönnte sich eine (grosse!) Rösti, ich benötigte dringend Flüssigkeit, eine leckere Gemüsesuppe und dazu jede Menge Schorle und Tee. Um 14 Uhr dann – mit deutlich schwereren Rucksäcken – Aufbruch für die Strecke hinunter zur Gemmi. Christian begleitete uns bis unterhalb der Steilstufe – wollte dort noch zum rechten sehen. Noch voll an der Sonne durchquerten wir den Lämmerenboden, um dann noch den Gegenaufstieg zur Gemmi zu schaffen. Ziemlich geschafft, aber glücklich bestiegen wir die Bahn, welche uns um 16 Uhr nach Leukerbad runterbrachte. Im oberen Teil dann noch ein Blick zu den zwei über den Plattenhörnern kreisenden Bartgeiern – welche die Lämmerenhütte mehrmals täglich besuchten, wie uns Christian freudvoll erzählte.

Fazit:
Wann gibt es das schon: diese angebliche Modetour bei solchen Bedingungen! Und wir durften die erste Spur legen – an diesem Tag ganze 10 Gipfelstürmer (wir 3 Schneeschuhläufer, 7 Skitourenläufer). Einmalig schön! Und unvergesslich!

Dank an unseren Bergführer
Dem sympathischen Christian Wäfler, Hüttenwart der Lämmerenhütte, Bergführer und Skilehrer, gehört unser herzliches Dankeschön dafür, dass er uns die Erfüllung diesen grossen Wunsch ermöglicht hat. Sein menschlicher und professioneller Umgang hat uns sehr beeindruckt, und wir können seine Dienste bestens empfehlen.

Wetterverhältnisse:
Perfektes Tourenwetter, Sonne, wolkenlos, ca. -15°, kräftige Bise, was die gefühlten Temperaturen tiefer erscheinen liess. Lawinensituation für Donnerstag, 26. Februar 2015 (lt. SLF): Sonnig, langsamer Rückgang der Lawinengefahr. Nach einer klaren Nacht war es am Donnerstag überall sonnig. Es wehte ein mehrheitlich schwacher Wind aus nördlichen Richtungen. Die Lawinengefahr nahm langsam ab. In grossen Teilen vom nördlichen Alpenkamm, im Wallis, in Graubünden und im Tessin wurde die Lawinengefahr noch mit erheblich (Stufe 3) eingeschätzt, wobei die Gefahrenstufen meist auf höhere Lagen beschränkt waren. In den übrigen Gebieten vom Alpennordhang herrschte mässige Lawinengefahr (Stufe 2).

Ausrüstung:
Schneeschuhe, Anseilgurt, Pickel, Stöcke, GPS-Maschine

Parameter 1. Tag:
Tour-Datum: 25. Februar 2015
Schneeschuhtouren Schwierigkeit: WT3 (Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung)
Strecke: 4.6 km, Gemmibahn Bergstation 2346 m – Gemmipass 2268 m – Lammerendalu P.2262 – Lämmerenboden – Steilstufe P.2312 – Lämmerenhütte SAC 2502 m
Aufstieg: 284 m
Abstieg: -121 m
Benötigte Zeit: 1 Std. 30 Min.

Parameter 2. Tag:
Tour-Datum: 26. Februar 2015
Schneeschuhtouren-Schwierigkeit: WT5 (Alpine Schneeschuhtour)
Hochtouren-Schwierigkeit: WS
Strecke: 13 km, Lämmerenhütte SAC 2502 m – Wildstrubelgletscher – Wildstrubel Mittelgipfel 3242 m – Abstieg bis Lämmerenhütte auf ungefähr gleicher Spur – Lämmerenhütte – Steilstufe P.2312 – Lämmerenboden – Lammerendalu P.2262 – Gemmipass 2268 m – Gemmibahn Bergstation 2346 m
Aufstieg: 950 m
Abstieg: -1100 m
Laufzeit Zeit ohne Pausen: 4 Std. 50 Min.
Laufzeit mit Pausen: 6 Std. 55 Min.

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