Föisc 2208 m – formidabler Panoramagipfel über der Alta Leventina

Am zweiten Tag unseres Aufenthalts im Val Bedretto zog es uns – der Lawinensituation geschuldet – in die nahe Nachbarschaft. Nach der kurzen Fahrt nach Airolo die Bergfahrt hoch nach Brugnasco. Ein freundlicher Bauer hat am Dorfeingang ein paar Parkplätze eingerichtet – grazie! Dass es hier, an dieser südseitig ausgerichteten Bergseite schneefrei war, erstaunt nicht weiter, schliesslich ist es Frühling🌼! Start unmittelbar beim Bauernhof, über einen steilen Güterweg, vorerst ohne Schneeschuhe. Nach etwa fünfhundert Metern eine Hütte, ab welcher es auf schneebedecktem Weg, immer schön an der Märzensonne, über zwei Serpentinen ansteigt. Der immer noch steile, unter Schnee liegende leicht bewaldete Weg war gut zu begehen Bei P.1604 änderte die Situation und die Richtung von NW nach NO, Rütan war erreicht. Unglaubliche Schneemengen hier oben! Also wurden jetzt die Schneeschuhe montiert. Nach der letzten Hütte verliessen wir den über dem Valle di Büi verlaufenden Weg nach rechts (in Richtung O) um ziemlich steil weiter aufzusteigen; die Unterlage hart und deshalb gut tragend, im offenen Gelände kaum Spuren (vom Winde verweht), also war harte Arbeit angesagt – Doris als Führerin voraus👍. An besonders geschützten Stellen konnten wir schwache Spuren nutzen, welche uns auch bestätigten, in Richtung Motti unterwegs zu sein. Kurz vor P.1911 kamen Zweifel auf, weil ein tief verschneites Grätchen zu begehen war – stimmte die Richtung? GPS-Bestätigung sei Dank, erreichten wir bald einmal Pian-Töi, eine Verzweigung auf 1893 m. Hier steht auch eine schöne Hütte, die wir auf dem Rückweg besuchten. An der Verzweigung entschieden wir uns für den Aufstieg über den anspruchsvollen Steilhang, auf welchem vertrauenswürdige Spuren zu erkennen waren. Bis zum Gipfel waren noch 315 Aufstiegsmeter zu bewältigen. Wenn die Querung des evtl. rutschgefährdeten Steilhangs gut gelingt, sollten wir um 13:15 Uhr, nach etwa 60 Minuten also, auf dem Gipfel ankommen. Die problematische, der Sonne voll ausgesetzte Querung, begingen wir zügig, mit äusserster Vorsicht und mit Sicherheitsabstand. Nicht nur der Anstrengung wegen floss der Schweiss in Strömen… Ab einer Höhe von 2050 m.ü.M. waren keine Spuren mehr zu erkennen – der Wind der vergangenen zwei Tage hatte Wirkung. Der windgepresste Schnee erlaubte den Gipfelaufstieg ohne allzu aufwändige Spurarbeit. Und die Orientierung war auch kein Problem, immer in Richtung höchstem Punkt. Der Gipfel selbst zeigte sich aber erst kurz vor dem letzten Aufschwung, ca. 80 Hm unterhalb. Das markante Gipfelkreuz und die Wegweiser waren nicht zu verfehlen. Und pünktlich waren wir auch – 13:15 Uhr! Doch da müsste doch eine Schutzhütte stehen, das legendäre Rifugio Föisc?! Vollständig eingeschneit, der Eingang mit einem winzigen freigeschaufelten Loch zu erkennen – die Hütte stand bestimmt drei Meter unter Schnee. Im Innern könnten angeblich 8 Personen «wohnen» – mehr Infos siehe hier. Auf dem Gipfel bot sich dann ein Panorama der Sonderklasse. Ostseitig nur ja nicht zu nahe auf die Wächte treten! 350 m unter uns der Lago Ritóm mit der Staumauer Piora, dahinter der Lago Cadagno und der Lago di Tom und das Val Piora. Am 360°- Horizont wetteiferten nahe und ferne Gipfel um die Gunst; die Tiefblicke in die Leventina, ins Val Bedretto hinüber und nach Airolo hinunter waren absolut betörend. Nach diesem Genuss folgte die verdiente Gipfelrast vor der Schutzhütte und bei Windstille und angenehmer Temperatur (geschätzte 4 bis 8 Grad). Und das Unerwartete: der Gipfel gehörte uns alleine!

Der ausgiebigen Gipfelrast folgte der Abstieg auf (fast) identischer Strecke. Die Variante über die Bochetta di Föisc hinunter ins Val di Büi war keine Option – zu gefährlich. Wir achteten lediglich darauf, den im Aufstieg beschriebenen Steilhang umgehen. Also wichen wir oberhalb nach O aus, um im meterhohen Schnee irgendwie zwischen den Bäumen durch gefahrlos, jedoch freeride-mässig Pian-Töi zu erreichen. Das gelang, und schon durften wir uns freuen, an der sensationell gelegenen Hütte mit dem treffenden Namen Carpe Diem eine Trinkpause einzulegen. Im weiteren Abstieg folgte über Motti wieder das bekannte Grätchen, dann über wunderschönes Gelände hinunter bis zu den Hütten von Rütan. Der weitere Abstieg auf dem Güterweg schon fast erholsames Auslaufen, um schliesslich beim Startpunkt in Brugnasco zu «landen». So, das war nun doch eine sportliche Tour – die uns etwas mehr forderte. Jedenfalls freuten wir uns auf ein Panaché in Ronco Bedretto. Und die für morgen auf der Heimfahrt prov. Tourenidee (Pizzo dell’Uomo ab Lukmanierpass) lassen wir wohl eher bleiben😅…

Fazit:
Ein wiederum frühlingshafter Schneeschuh-Wandertag der Extraklasse, gespickt mit fast tausend Auf- und Abstiegsmetern – wir durften zufrieden sein… Und sehr speziell heute: auf der gesamten Tour sind uns keine Berggänger begegnet(!).

Wetterverhältnisse:
Unglaubliche Schneemengen, anfänglich pulvrig, im Tagesverlauf unterhalb 1800 m.ü.M. sulzig, kaum Spuren, und falls solche vorhanden windgepresst, ungetrübter Sonnenschein, frühlingshafte (-5° bis 10° C), je nach Exposition windstill.

Lawinengefahr:
Laut SLF Stufe 3 erheblich (seit Tagen)

Ausrüstung:
Schneeschuhe, Stöcke, LVS, Sonde, Schaufel, GPS

Parameter:
Tour-Datum: 23. März 2021
Schwierigkeit: WT3
Strecke: 12.4 km, Brugnasco (ca. 1355 m, Abstellplätze beim ersten Bauernhof an der Strasse) – Campoi (1448 m) – P.1516 – Rütan P.1604 – Motti (P.1911) – Pian Töi (1893 m) – Piatto di Larici – Föisch Rifugio (2208 m) – Abstieg wie Aufstieg (Variante Umgehung Steilhang bis Pian Töi)
Aufstieg: ca. 930 m
Abstieg: ca. -910 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 6 Std. 30 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 4 Std. 25 Min.
Tageszeit: 09:45 bis 16:15 Uhr