Monte Generoso 1703 m, Überschreitung ab Scudellate (Valle di Muggio)

Wieder einmal eine Wanderung auf den Migros-Publikumsberg, den wir letztmals im April 2017 bestiegen haben. Diesmal war der Ausgangspunkt der Besteigung das Bergdorf Scudellate zuhinterst im Valle di Muggio, wo gerade mal fünfzehn Menschen leben. Nach der Anreise am Vortag genossen wir, nicht zum ersten und auch nicht zu letzten Mal, einen gemütlichen Abend in der formidablen Osteria Manciana, wo wir auch eine aussichtsreiche Loge für drei Nächte bezogen. Hier verwirklichen die einheimischen Gastgeber Oskar und Simona Piffaretti ihr einzigartiges Projekt eines Albergo Diffuso. Wir wünschen gutes Gelingen!

Nach dem reichhaltigen Frühstück starteten wir bei besten Bedingungen; der Einstieg auf die Via Vecchia Mulattiera liegt nördlich der obersten Häuser. Nach einem kurzen Anstieg erreichten wir den von der Kapelle S. Antonio herführenden Pfad, ein erstes Mal öffnete sich der Blick zum italienischen Dörfchen Erbonne hinunter, wo wir unsere Runde später abschliessen werden. Doch vorerst folgte die Richtungsänderung nach W, immer schön steil hinauf durch lichten Buchenwald. Nach etwa 1.4 km erreichten wir die teilweise verfallene Alpe di Sella, welche offensichtlich wiederhergestellt wird. Mittlerweile auf etwa 1200 m.ü.M., genossen wir die sonnige Lage im Steilhang – und mit uns eine Gams, welche uns aufmerksam beobachtend immer näherkommen lässt. Das schöne Tier hatte nur ein Hörnchen; schliesslich wich es aus über die wenige Meter weiter verlaufende Staatsgrenze CH/I. Wir stiegen nun auf dem direkt auf der Landesgrenze verlaufenden wenig ausgeprägten Grat auf, um unterhalb des Grenzsteins Nr. 26 den Wald zu verlassen und zur Piana zu queren. Beim Alpgebäude angekommen, wählten wir nicht den direkten Weg zur Bahnstation, sondern stiegen zurück zur nördlich gelegenen Landesgrenze und aufsteilend zum Gipfel Mottone della Piana. Hier oben bot sich ein guter Überblick, der hundert Meter höherstehende Monte Generoso, das Gelände mit der Bahnstation und Mottas Fiore di Pietra, zur Rechten die kleinen, abschüssigen Tälchen (Valle di Erbonne, Valle Squadrina) mit den oberhalb verlaufenden Abstiegsrouten zur Alpe di Orimento (I). Beim Grenzstein Nr. 25 steht ein Holzbär, der an die nahe gelegene Bärenhöhle erinnert. Die Höhle kann über die ausgeschilderten Wanderwege von der Alpe di Orimento (italienische Seite) und von der Vetta del Monte Generoso (Schweizer Seite) aus erreicht werden. Man stelle sich vor, dass der Monte Generoso vor langer Zeit einmal von Höhlenbären bewohnt war. Die Bären starben im Laufe der Zeit aus und ihre Überreste wurden einige hundert Meter vom Gipfel entfernt auf der italienischen Seite gefunden. Nachdem wir bis hierhin einsam unterwegs waren, begegneten uns nun mit Wanderklamotten und/oder Bikes bewehrte Bergliebhaber. Selbstverständlich besuchten wir das Restaurant in der Steinblume des im Jahre 2017 fertiggestellten Gebäudes, welches sich majestätisch gegen den Himmel erhebt – Fiore di Pietra nennt Mario Botta sein architektonisches Meisterwerk. Nach dem Tee folgten die hundert Höhenmeter Aufstieg zum Gipfel. Das 360°-Panorama ist immer wieder einzigartig, auch wenn die Walliser und Berner Viertausender in Wolken verhüllt waren. Verständlich, dass sich hier manchmal viel Volk versammelt. Im Titel unseres Berichts steht das Wort «Überschreitung», was bedeutet, dass wir vom Gipfel über den fixseil-gesicherten Klettersteig abkletterten (I nach UIAA-Skala). Dieser Abstieg war dann doch etwas trickreich, vor allem für Doris, welche in den sehr hohen Tritten eine leichte Zerrung am Oberschenkel erlitt. Nach dem kurzen Abstieg war der Normalweg bald erreicht und wir umrundeten den Baraghetto mit seiner Via ferrata Angelino östlich. Auf der Sella Piancaccia angelangt – hier kamen wir damals hoch von Rovio – wanderten wir für heute endgültig nach Italien aus. Wunderbar aussichtsreich, immer nahe der Krete und entlang dem Waldrand laufend, gerieten wir oberhalb der Alpe Pesciò in einen sehr steilen und der Feuchte wegen ziemlich schmierig-rutschigen Abschnitt, eine Spur war kaum auszumachen, Markierungen fehlten auch. Auf knapp 1300 m.ü.M. angekommen, führte ein Brücklein über das ausgetrocknete Bachbett der Breggia, um danach über wunderschönes Gelände die Alpe di Orimento zu erreichen. Hier wird gerade renoviert, und das Restaurant (La Baita di Orimento) war geschlossen. Egal, wir hatten ohnehin keinen Bedarf. Also liefen wir weiter, dreieinhalb Kilometer und 330 Höhenmeter Abstieg bis nach Erbonne. Anfänglich auf gepflegtem Weg, führte der Pfad im Buchenwald streckenweise über hohe plattige Tritte, welche unter dem vielen Laub recht tückisch waren. Dennoch erreichten wir das museale Dörfchen Erbonne wohlbehalten, ohne diesmal die famose Osteria del Valico zu besuchen. Seit bald sieben Stunden auf den Füssen, zog es uns nach Scudellate, wo wir uns zum Abschluss in der Osteria ein Apèroplättli gönnten.

Fazit:
Eine wiederum abwechslungsreiche Bergwanderung, streckenweise recht anspruchsvoll, und schliesslich haben sich beinahe tausend Höhenmeter angesammelt…

Wetterverhältnisse:
Sonnig, leichte Bewölkung im Tagesverlauf, Temperaturen ca. -4 bis 5° C, teilweise starker Wind (bis 25 km/h NO), am Nachmittag zunehmend

Hilfsmittel:
Wanderschuhe, Wanderstöcke, Kartenmaterial SchweizMobil, GPS

Parameter:
Tour-Datum: 5. April 2023
Schwierigkeit: T3-4, I (leichter Klettersteig im Nord-Abstieg vom Gipfelbereich)
Strecke: 11.4 km, Scudellate (907 m) – Via Vecchia Mulattiera – Alpe di Sella (1191 m) – Staatsgrenze CH/I (1224 m) – Piana (1406 m) – P.1476 (Grenzstein Nr. 26) – P.1591 (Grenzstein Nr. 25) – Mottone della Piana (1590 m) – Monte Generoso Vetta (1601 m) – Monte Generoso (1701 m) – Klettersteig, Abstieg P.1647 – Sella Piancaccia (1599 m) – P.1489 – Brücke über die Breggia (ca. 1260 m) – Alpe di Orimento (1275 m) – Valle Breggia – Erbonne (943 m) – Holzbrücke über die Breggia (Staatsgrenze CH/I 910 m) – Cappella di S. Antonio (925 m) – Scudellate
Aufstieg: ca. 970 m
Abstieg: ca. -970 m
Laufzeit mit Pausen: total ca. 7 Std. 30 Min.
Laufzeit ohne Pausen: total ca. 4 Std. 50 Min.
Tageszeit: 09:45 bis 17:15 Uhr