Nach der Anreise am Abend des Vortages nach Andermatt und der Übernachtung im Hotel Sonne starteten wir ausgeruht und bestens motiviert. Begleitet wurden wir von MTB-Routinier Heinz und seiner Meris, die einer langwierigen Verletzung wegen leider Forfait geben musste – dafür übernahm Meris den Materialtransport und das Coaching, so wie es sich für ein Biketeam gehört… Nach der Durchfahrt des historischen Zentrums von Andermatt passierten wir die Brücke über die Unteralpreuss, danach beim Bahnhof vorbei gemütlich zur Reuss und über die Brücke zum Gelände des Golfplatzes. Entlang der Reuss fuhren wir durch das wunderschöne Urserental und erreichten auf der Naturstrasse bald Langenacher (bei Hospental). Hier, wo die Gotthardreuss und Furkareuss zur Reuss werden, blieben wir auf der linken Seite des Wassers. Bald wurde aus der Naturstrasse ein schmaler Trail, der leicht höher als Strasse und Bahn verlief. Auf der Höhe vom Zumdorf – liebevoll als kleinstes Dorf der Schweiz bezeichnet – kamen wir der Furkareuss sehr nahe, und der Pfad wurde ein Singletrail – ein erster Test (nicht für Heinz…). Wehrhaft blieben wir links des Flusses. Bei Steinbergen bot sich uns die letzte Gelegenheit, dem folgenden Singletrail-Abschnitt auszuweichen – die lärmige Furkastrasse aber war vorerst keine Option. Kurz vor Realp hatten wir keine andere Wahl, als auf der Passstrasse weiterzufahren.
Beim Golfplatz Gotthard ausgangs Realp, nach elf Kilometern flacher Fahrt, begann der eigentliche Anstieg zum Pass. So eine Passfahrt hat den grossen Vorteil, dass die Aussicht fortwährend ändert – mal ist vorne hinten und umgekehrt, absteigen überflüssig. Rechts über uns ragten die Zacken uns unbekannter Dreitausender auf, links der Blick ins Tälchen der Witenwasserenreuss (das wäre auch mal eine Tour wert!). Fast schon mühelos erreichten wir nach fünf Kilometern in der zehnten Kehre das geschlossene Berghotel Galenstock. Knapp zwei Kilometer und 100 Hm weiter das bekannte Hotel Tiefenbach, bekannter Ausgangspunkt für währschafte Bergtouren (Sidelenhütte, Albert-Heim-Hütte). Von hier sind auch die bekannten Kletterfelsen Kleines Kamel und Grosses Kamel zu sehen – sehr eindrücklich! Fast schon achtlos fuhren wir am Tiefenbach vorbei, schliesslich war die eher flach verlaufende Reststrecke bis zur Passhöhe einzusehen; na gut, 300 Höhenmeter über vier Kilometer waren es schon noch. Kurz vor der Passhöhe, beim Hotel Furkablick, lockte die schöne Terrasse – gute Gelegenheit für eine Trinkpause; Coach Meris hatte schon einen Tisch erobert. Auf der wenig später folgenden Furkapasshöhe sah es eher trostlos aus (viele abgestellte Autos und Motorfahrräder); die Aussicht auf die nach Gletsch hinunter führende Passstrasse und zur Grimsel hinüber allerdings atemberaubend. Am Übergang vom Kanton Uri ins Wallis konnten wir es sausen lassen; nach 1.8 km und 150 Hm Abfahrt erreichten wir in der dritten Kurve das Belvédere, wo das seit Jahren geschlossene Hotel Belvédere steht und gegenüber der touristisch aufgemotzte und kostenpflichtige Eingang zum Rhonegletscher. Wir wagten uns vor bis zum äussersten, noch nicht kostenpflichtigen Punkt, um wenigsten einen bescheidenen Blick zu sterbenden Gletscher zu werfen. Dort wo noch in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine mächtige Gletscherzunge hing, liegt jetzt ein grosser Gletschersee (siehe Bilder) – hier entspringt die Rotten (später Rhone). Etwas nachdenklich verliessen wir diesen schaurig-schönen Ort – vor uns die Abfahrt über komfortabel ausgebaute Kehren hinunter zur Oberalpstafel, wo die Bahnlinie der DFB (Dampfbahn Furka Bergstrecke) über den Muttbach zu überqueren war. Nach wenigen Minuten und knapp 5 Kilometern Ankunft in Gletsch, wo auch die eindrückliche Grimselpassstrasse beginnt oder endet. Hier ging der Blick ein letztes Mal zurück über den Gletschbode hoch zum Rhonegletscher, der von hier aus nur noch erahnt werden kann. Die Berghotel-Siedlung Gletsch gehört zur Gemeinde Obergoms VS, das Grand Hotel Glacier du Rhône ist temporär geschlossen, hat bessere Zeiten gesehen.
Jetzt folgte die Abfahrt über drei enge und steile Serpentinen, wo Auto- und Töfffahrer ihre liebe Mühe bekundeten. In den Kurven hat es viele Schleifspuren… Auf den folgenden drei Kilometern (180 Hm) erreichten wir Spitzengeschwindigkeit, in der Folge mussten wir beim Restaurant Rhonequelle ein kontrolliertes Bremsmanöver durchführen, um Meris, die uns schon erwartete, nicht zu enttäuschen. Obschon im Wald gelegen, brannte hier die Sonne erbarmungslos, aber wir fanden einen schattigen Platz für eine längere Verpflegungspause. Die folgende Strecke nach Oberwald hinunter hatte es nochmals in sich – jedenfalls wurden wir nie überholt🤣. In Oberwald verliessen wir die stark befahrene Passstrasse, um die 5 km dem Ufer der Rotten entlang an Obergesteln vorbei nach Ulrichen zu rollen. In Ulrichen wurde gerade das BULA-Dorf aufgebaut; an diesem Wochenende reisen 30000 Pfadi an, dann wird Ulrichen zur zweitgrössten Stadt im Kanton Wallis. Hier gibt es mehr Infos. Unsere Unterkunft, direkt an der Kreuzung Furka-/Nufenenstrasse, gelegen, war nicht zu verfehlen. Der verdienten Erfrischung folgte ein kleiner Rundgang im schönen Ortskern (schönste alte Holzhäuser), unterbrochen von einem Apéro und dem abschliessenden, leckeren Abendessen im Hotel Astoria. Zum Tagesabschluss traf dann noch die erwartete Gewitterfront ein.
Fazit:
Ein erster Tourentag, der unsere Erwartungen in jeder Beziehung erfüllte – so geht gemütliches Biken und ausgezeichnete Kameradschaft!
Wetterverhältnisse:
Hochsommerlich, Schönwetterwolken, ca. 10 bis 23°, Wind 13 km/h SSW
Ausrüstung:
e-Bike, Kartenmaterial Swisstopo, GPS
Parameter:
Tourdatum: 22. Juli 2022
Schwierigkeit: L (Leicht fahrbar, ohne nennenswerte technische Schwierigkeiten, kurze enge und steile Passagen)
Strecke: 45 km, Andermatt (1445 m) – Reuss (Golfplatz) – Reussenbiel (1451 m) – Langenacher b. Hospental (1467 m) – Richleren (1488 m) – Zumdorf – Steinbergen (1523 m) – Realp (1540 m) – Golfplatz Gotthard Realp (1619 m) – Furkastrasse – Hotel Galenstock – Tiefenbach (2105 m) – Sidelenbach P.2278 – Hotel Furkablick (2428 m) – Furkapass (2436 m) – Belvedere (2269 m) – Oberalpe (2046 m) – Gletsch (1757 m) – Restaurant Rhonequelle (1568 m) – Oberwald (1369 m) – der Rotten entlang via Obergesteln bis Ulrichen (1346 m)
Aufstieg: ca. 1084 m
Abstieg: ca. -1171 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 5 Std. 25 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 3 Std.
Tageszeit: 09:40 bis 15:05 Uhr