Chrüz (2195 m) – Winter-Überschreitung vom Stelserberg nach St. Antönien

Das Prättigau ist ein wahres Touren-Eldorado. Die «Gefahr» hier keine Spur nutzen zu können, ist meist klein (ausser nach ausgiebigem Schneefall). Das gilt besonders für den Panoramagipfel Chrüz; nach 2016 heute wieder einmal – zusammen mit unseren Gschpändli Susanne und Richi. Ab Schiers Bahnhof RhB die spektakuläre Postautofahrt auf der schmalen und steilen Bergstrasse, auf der in 23 Minuten mehr als 800 Hm überwunden werden. Bei der Endstation Stels Mottis (1467 m) am Stelserberg empfing uns eine mystisch eingenebelte Winterlandschaft mit Raureif an den Bäumen. Bei ca. null Grad schnallten wir unsere Geräte an die Füsse und marschierten wenige Meter auf der weiss geräumten Bergstrasse um diese bald bergseitig direkt aufsteigend in Richtung Stelserberg zu verlassen. Im Gelände lagen gut 70 cm Schnee (Pulver, kaum verharscht). Und eins war klar: der Chrampf der harten Spurarbeit blieb uns erspart. Auf gut angelegter Spur lagen 1-2 cm Neuschnee vom Vortag. Rechts unter uns das Fulried, unsere Spur führte auf einem Grätchen leicht absteigend bis zum Hof Pilidarscha. Beim markierten Punkt «Stöck» entledigten wir uns der obersten Schicht. Weiter direkt aufsteigend erreichten wir auf 1649 m das im Winterschlaf stehende Berghaus zum See – noch im Nebel. Wenige Meter nach dem Berghaus war es dann soweit: die Sonne drang durch und blendete herrlich in unsere Gesichter – und der Blick weitete sich zur im Norden auftauchenden massigen Drusenfluh. Beim P.1705 das Plateau «Zum See» mit dem eingeschneiten Stelserseelein. Der weitere Verlauf war nun gut zu überblicken – vor uns in ca. 2.4 km Luftlinie das Gipfelziel; dazwischen drei markante Geländestufen, die es auf- und absteigend zu überwinden galt. Die von uns gewählte Spur führte etwas steiler hoch zum P.1826, dann leicht absteigend zum Sattel (bei Drostolen). Von hier könnte man links haltend direkt nach St. Anthönien laufen. Links (nördlich also) die omnipräsente Drusenfluh mit ihren wunderschönen Türmen und rechts von ihr die ebenfalls eindrückliche Sulzfluh. Und weil die Strecke nun weitgehend östlich/südlich verlief, strahlte uns die Sonne unentwegt an (Schutzfaktor 50+ war angesagt). Hier bot sich die Gelegenheit, den von Susanne mitgebrachten Dreikönigskuchen zu geniessen – und Richi (wer denn sonst😎) war der 👑, allerdings mit der Auflage, die Krone bis zum Ende der Tour zu tragen… Nach einem weiteren Anstieg erreichten wir bei P. 2044 Gafäll. Hier taten sich unglaublich schöne Ausblicke auf für uns Unersättliche; die Weitsicht in Richtung S reichte ca. 60 km. Vor uns der sich 150 Hm eindrücklich auftürmende Gipfel, der auch links (östlich) umgangen werden könnte (Direktabstieg zur Alp Valpun). Rechts haltend würde man wohl nach Pany absteigen können; nicht ratsam wegen der Lawinengefahr an der SW-ausgerichteten Gipfelflanke. Unser Vorhaben war klar: ab durch die Mitte – der direkte und bis 35° steile Aufstieg führte auf immer erkennbarer, aber sehr steiler Spur auf dem Grat hoch, links und rechts verwächtet. Auch heute war an den tiefen Tritten gut zu erkennen, dass hier die Skitüreler tragen mussten – mit Schneeschuhen (und Steighilfen) war dieser (wenig ausgesetzte) Steilaufstieg nicht problematisch. Nach zwanzig Minuten Chrampf standen wir auf dem Chrüz (2196 m) – seit 2017 mit neuem Gipfelkreuz. Auf dem Gipfel war dann richtig was los – bestimmt dreissig Gleichgesinnte. Das 360°-Panorama hier oben ist ohne Übertreibung phänomenal – der Berg steht ziemlich allein. Die praktische Windstille brachte Richi dazu, mit seinem Gaskocher Schnee zu schmelzen uns einen frischen Kafi zu kochen – danke herzlich.

Die rassige und ziemlich steile «Abfahrt» zum 100 Meter tiefer stehenden Chlei Chrüz bei komfortabler Schneelage (ca. 1 m Pulver) liess unsere Schneeschuhläufer-Herzen höherschlagen. Auf dem kurzen Wiederaufstieg zum Chlei Chrüz (2102 m) galt es diesen oberhalb der Lawinenverbauungen zu überschreiten. Dann führte uns die lockere «Schussabfahrt» hinunter bis nahe der Alp Valpun (1882 m). Östlich der Alp führte der nunmehr markierte Trail links haltend direkt hinunter in Richtung Grossried/Leng Ried zum präparierten Winterwanderweg. Nach ein paar hundert Metern auf dem Winterwanderweg – der nicht verlassen werden darf (Wildruhezone Capelgin) – erreichten wir bei Sagen das kleine Skigebiet und den Skilift. Nahe der Piste der weitere Abstieg vorbei am Berggasthof Michelshof, und schon standen wir mitten im schmucken Dorfzentrum von St. Antönien. Das bereitstehende Postauto (Abfahrt 15:05) liessen wir abfahren – im uralten und schönen Walserhaus des Rhäthia genossen wir eine Runde Panaché. Um 15:44 Uhr dann Abfahrt mit dem Postauto nach Schiers hinunter. Den wunderschönen Tourentag liessen wir bei Theresa und Ignaz in Fläsch gediegen ausklingen! Unseren Tourenfreunden Susanne und Richi ein weiteres Mal herzlichen Dank für die wie immer kurzweilige Begleitung.

Wetterverhältnisse:
Herrliches Winterwetter, Temperaturen im Bereich 0 bis 8°.  Ausgezeichnete Schneeverhältnisse, gute Spuren…

Ausrüstung:
Schneeschuhe, Stöcke, LVS/Schaufel/Sonde, GPS

Lawinensituation:
Laut SLF: Stufe 2 mässig (zu meidende kleine Triebschnee- und Gleitschneeansammlungen)

Parameter:
Tourdatum: 5. Januar 2020
Schwierigkeit: WT3
Zufahrt zum Ausgangspunkt: Mini-Postauto (doppelt geführt) ab Bahnhof Schiers RhB bis End-Haltestelle Stels Mottis (Abfahrt 09:04, Ankunft 09:27)
Rückfahrt: Postauto ab St. Antönien Platz (Abfahrt 15:44) bis Küblis Bahnhof RhB, kurze Umsteigezeit auf die einfahrende RhB, die uns nach Schiers brachte
Strecke: 11.1 km: Stels Mottis, Postauto-End-Haltestelle P.1467 – Berghaus zum See – P. 1705 – Stelsersee – Sattel/Drostolen – Gafäll (P. 2042) – Chrüz (2195 m) – Chlei Chrüz (2102 m) – Alp Valpun (1822 m) – P.1720 (Grossried/Leng Ried) – Sagen – St. Antönien Platz (1420 m)
Aufstieg: ca. 750 m
Abstieg: ca. -930 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 5 Std. 30 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 3 Std. 30 Min.
Tageszeit: 09:30 bis 15:00 Uhr

3 Gedanken zu „Chrüz (2195 m) – Winter-Überschreitung vom Stelserberg nach St. Antönien“

    1. Lieber Felix, danke für deinen Kommentar. Aber neidisch zu sein, ist nicht nötig, wenn ich daran denke, wie riesig die Fülle an gleichwertigen Touren in deiner nächsten Umgebung ist (BO). Und das Prättigau lohn sich auch für mehrtägige Touren… LG Ruedi

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