Gemsfairenstock (2971 m)

An diesem Freitag fiel uns die Entscheidung sehr leicht! Bergwetter vom Feinsten, Ferienzeit und eben ein Wochentag (Grossandrang war also nicht zu erwarten). Einzig die Einladung vom Abend bei Freunden setzte uns (zeitliche) Grenzen, welche wir gerne in Kauf nahmen. Der Gemsfairenstock (2971 m) – nach zwei Besteigungen im Winter sollte es jetzt mal eine Begehung dieses Fast-Dreitausenders im Sommer sein. Auf der Anfahrt zum Ausgangspunkt zwischen Glarus und Schwanden leuchtete uns das Tagesziel schon entgegen. Auf dem grossen Parkplatz bei der Kirche in Urnerboden standen schon ein paar Autos; von diesem sind es ein paar Schritte zur Seilbahn Urnerboden-Fisetengrat. Der freundliche Bediener erklärte, dass man heute durchgehend fahre – ohne Wartezeit konnten wir in die kleine 6er-Gondel einsteigen (Fr. 18.00 für eine Berg- und Talahrt), und so die ersten 650 Höhenmeter in wenigen Minuten bewältigen. Die Bergstation steht ein paar Hm unterhalb des Fisetenpasses (2036 m). Der Ausblick vom Pass fesselt – wer will, kann auf den massiven Holzbänken und -tischen einfach nur die Aussicht geniessen – oder gar einen Jass klopfen (Karten sind in der Schublade vorhanden!). Wir zogen sofort weiter auf dem Wanderpfad, welcher Richtung Klausenpass weist. Achtung: wer, wie wir kurz nach dem ersten Zaun geradeaus weiter läuft, verpasst die in Richtung Ober Orthalten verlaufende weglose Strecke entlang dem Grat. Unseren Irrtum bemerkten wir nach etwa 700 m (auf halber Strecke zum Hasentrittli). Nach eine Blick auf die Karte verliessen wir den Pfad an geeigneter Stelle um jetzt halt direkt steil aufzusteigen – weglos durch trockene und steinige Rinnen erreicht wir nach ca. 130 m Aufstieg den Grat, und wenig später dann das Rund Loch – diese geologisch spannende Stelle kannten wir von unseren Schneeschuhtouren. Ab hier stimmte unsere Orientierung wieder. Auf Ober Sulzbalm eine kurze Trinkpause mit genussvollen Ausblicken – die Fernsicht war ausgezeichnet (siehe Bilder). Vor uns die auf ca. 2560 m liegende steile Schlüsselstelle unterhalb der Felswand – über diese Steilstufe war ein Felsband zu bewältigen. Von unten gut sichtbar war zu erkennen, dass der Pfad links und in der Querung oberhalb des steilen Schneefelds verlief. Die Stelle war bei genügend Vorsicht gut zu meistern; im Abstieg dann, wie sich zeigte eher etwas schwieriger, weil geröllig und rutschig. Der Steinmann oberhalb markierte, dass wir es geschafft hatten. Anmerkung: die Stelle kann evtl. unterhalb des Schneefelds rechts herum umgangen werden, jedenfalls haben wir diese Variante mal im Winter im Abstieg mit Schneeschuhen gewählt. Wir hielten uns an die vielen wegweisenden grösseren und kleineren Steinmänner. Den Langfirn im Blickfeld umgingen wir ostwärts – also von der Winterroute abweichend. In diesem Streckenabschnitt hoch bis zum Gemsfairenjoch waren die Steinmänner sehr gute Hilfen. Immer wieder galt es (teilweise) steile Schneefelder zu überqueren resp. hochzusteigen. Der Schnee war gut zu treten – Steigeisen wären kaum hilfreich gewesen. Aber Konzentration war nötig – schliesslich wollten wir nicht in die Felsen rutschen. Dann beim P. 2750 eine schöne Kraxelstelle (I) über ein paar Felsen, die ohne Hilfen gut zu meistern war. Auch hier war Konzentration gefragt – immerhin ging‘s hier ca. 450 m runter. Danach folgte der weitere Aufstieg über eine geschlossene Firnschneedecke bis zum Gemsfairenjoch (2846 m). Nun erschien auch der etwa 700 m entfernte Gipfel. Die letzten 130 Aufstiegsmeter führten über den obersten Abschnitt des Langfirns – steil aufsteigend über gut trittigen Firn. Alternativ wäre auch der Aufstieg über den Felsgrat möglich (T4). Unterhalb des Gipfels war ein markanter und felsiger Grataufschwung zu bewältigen – eigentlich unschwierig, ausser man lässt sich vom hier urplötzlich auftauchenden Tödi zu stark ablenken. Heute gehörte der Gipfel uns alleine. Das verleitete zu einer ausgiebigen Gipfelrast – bei Windstille und gefühlten 20°. Rund herum das grossartige Panorama mit den prominenten Clariden, Tödi, Bifertenstock – und tollem Blick zur Claridenhütte hinunter; sogar die Planurahütte war gut zu sehen. Für den Abstieg entschieden wir uns für die Aufstiegsroute über das Gemsfairenjoch, in der Absicht, die etwas ausgesetzte Kletterstelle bei P. 2750 östlich zu umgehen – was auch gelang. Dennoch forderte uns auch der Abstieg mit den steilen Schneefeldern. Ab und zu hatten wir etwas Mühe, uns zu orientieren – aber die vielen Steinmänner waren hilfreich. Bald erreichten wir die schon erwähnte Steilstufe wieder, in welcher der Felsriegel zu bewältigen war. Hier ist im Abstieg erhöhte Vorsicht geboten – ein Ausrutscher über das steile Schneefeld hinunter wäre fatal. Alles gut gegangen – rasch erreichten wir wieder Ober Sulzbalm und kurz darauf das Rund Loch. Jetzt achteten wir darauf, hart am Grat abzusteigen – der Pfad war hier stellenweise nicht durchgehend zu erkennen. Kurz vor dem Fisetenpass erreichten wir dann wieder den via Gemsfairenhüttli zum Klausenpass führenden Wanderweg, und wenig folgte die Talfahrt mit der Seilbahn.

Fazit:
Zu unserer Überraschung trafen wir ab ca. 2600 m Höhe auf noch immer ziemlich dicke Schneefelder – gut möglich, dass diese sich während des Sommers nicht vollständig zurück bilden. Jedenfalls haben wir in den Berichten anderer Bergsteiger schon bedeutend weniger Schnee gesehen. Und: ist das jetzt schon eine (allerdings leichte) Hochtour? Wir meinen, dass dieses Prädikat schon zutrifft – jedenfalls bezogen auf die angetroffenen Verhältnisse. Wie auch immer: ein wunderbares Bergerlebnis. Und eine ausgezeichnete Vorbereitung auf den abendlichen Gourmet-Treff bei Freunden.

Wetterverhältnisse:
Sonnig, hochsommerlich, oben erträglich warm (ca. 20°), windstill.

Hilfsmittel: Stöcke, Kartenmaterial, GPS-Maschine

Parameter:
Tour-Datum: 18. Juli 2014
Schwierigkeit: T4, Hochtour L, Kletterstelle I: 10.5 km, Bergstation Seilbahn Urnerboden-Fisetengrat (2033 m) – Fisetenpass – Ober Orthalten – Rund Loch (2287 m) – Ober Sulzbalm – P.2750 – Langfirn – Gemsfairenjoch (2846) – Gemsfairenstock (2971) – Abstieg auf gleicher Strecke
Aufstieg: 973 m
Abstieg: 986 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 6 Std.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 4 Std.
Tageszeit: 09:20 bis 15:20 Uhr

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