Einmal mehr von Hanspeter resp. seinem Bericht vom 25. März 2011 motiviert, haben wir uns aufgemacht ins Prättigau zur wohl letzten Tour in diesem Winter, welche uns ins Gafiatal und auf die Jenazer Gafia führte. Was für Bedingungen: angesagt war der erste Sommertag, aber auch Stufe 3 erheblich für Nassschneelawinen. Also früh los – um das Risiko zu mindern! Aufstehen um 04:15, Rucksack mit dem nötigen (Schaufel, Sonde, LVS-Gerät), diesmal zusätzlich mit Steigeisen und Pickel (doch davon später…). Um 07:30 ab bereits gut besetztem Parkplatz Nr. 12, ging es los auf dem vom Schneetöff gespurten Sommerweg am Schlangenstein vorbei – die Temperatur bereits um 6 Grad. Kurz vor Litzistafel nahmen wir die Abkürzung den Hang hinauf zum Sommerweg, der zur Alp Säss (1946 m) hinauf führt. Von den ersten Sonnenstrahlen begleitet, geht es links der Alphütte vorbei, immer auf guten Spuren, beginnt es jetzt stärker zu steigen. Noch ahnten wir nicht, was uns beim Abstieg erwartete, doch davon etwas später. Bald erscheint das Tagesziel Hasenflüeli am Horizont, links davon die Ammeflue (2217 m) und etwas zuvor der Haupt (2105 m), an dessen NW-Flanke Schneerutsche deutlich machten, wie die Verhältnisse heute zu werten waren. Bis hierhin waren die Spuren harschig, also überdeckelt und tragend, weiter oben dann pulvrig bis hart – für Schneeschuhwanderer also ideal. Weil die Spuren weit ausladend angelegt waren, konnten wir problemlos mithalten (herzlichen Dank an die VorspurerInnen – darunter bestimmt viele Skitüreler). Nach etwas mehr als zwei Stunden Aufstieg erreichten wir den mächtigen Grat, von wo wir ohne Pause direkt zum ziemlich abweisenden Gipfelfelsen hochstiegen (T4); der eigentliche Aufstieg beginnt quasi von hinten (SO), wo wir die Schneeschuhe deponierten. Wir waren nicht die einzigen, sogar ziemlich Stau und Platzmangel. Beim Einstieg zum vereisten Fels war der mitgebrachte Eispickel eine gute Hilfe, jedenfalls besser als «Stöcke kurz» – die Steigeisen waren allerdings nicht nötig. Der starke «Gegenverkehr» und auch unser durchaus ausgeprägter Respekt bewog uns dann ein paar Meter unter dem Ziel auf das Gipfelerlebnis zu verzichten, was weiter nicht schlimm war – die tolle Aussicht genossen wir ohnehin. Nach kurzer Pause (mittlerweile war es 10:30 Uhr) erwartete uns ein kniffliger Abstieg, wie wir ihn so nicht erwarteten. Der Hang hinunter bis zum Fuss des Haupt war pulvrig, so dass wir die «Direttissima» wählten, was noch ziemliches Vergnügen bereitete. Aber dann folgte eine ziemlich kräfteraubende Strecke: mit praktisch jedem Schritt Einsinken bis zur Hüfte – da soll jemand sagen, dieser Winter sei schneearm. Hier zeigte sich, dass Doris mit ihrem Fliegengewicht leicht bevorteilt war. Auf der wunderbar besonnten Holzbank vor der Alphütte Säss verpflegten (und erholten) wir uns, immer ahnend, dass sich die Verhältnisse nicht verbesserten. Der vorerst tragende Harsch war nun vollständig weich. Sowohl auf wie auch neben der Spur sanken wir mit jedem Schritt tief ein – oft war sogar ausbuddeln angesagt! Tröstlich nur, dass uns die talwärts fahrenden Skitüreler noch mehr leid taten, weil auch sie einsanken und nach den oft beobachteten Stürzen den mühsamen Wiedereinstieg in die Bindung versuchten. Übrigens: bei solchen Verhältnissen wichtig, nie alleine unterwegs zu sein; im Falle eines Sturzes kopfüber in den Tiefschnee wäre Fremdhilfe wohl lebensrettend. Also nicht gerade anmächelige Verhältnisse. Nach anderthalb(!) Stunden Abstieg erreichten wir etwas ermattet Sunnistafel (1760 m), wo uns nette Wirtsleute(mit Handorgel!) in ihrem phantastisch gelegenen Bergasthaus Edelweiss erwarteten – die schon anwesende Gästeschar hat unsere Abstiegsmühen voll (und mitleidend) mitbekommen. Nach einem ersten Halbliter Schorle gegen den grossen Durst etwas gegen den Hunger: sehr leckeres Chäsgetschäder (einheimische Prättigau Choscht – ein Muss!) und dazu im offenen Chessi frisch gekochter Suure Moscht. Und das alles bei mind. 18 Grad an der prallen Sonne! Die Wirtin meinte, dass die Tourensaison wohl vorbei sei… Nach ausgiebiger Mittagspause nahmen wir dann den leichten und deshalb erholsamen Abstieg, vorbei am Schlangenstein bis Dörfji, unter die Schneeschuhe. Nach sieben Stunden (davon knapp 4 Stunden Wanderzeit) zurück, wohl wissend, dass wir das nächste Mal noch früher aufbrechen werden – nicht nur der Lawinengefahr wegen. Um vier Uhr wieder zuhause, freuten wir uns auf einen gemütlichen Spaghetti-Samstagabend mit Fotoshow von einer Winterwanderung an einem Sommertag.
Fazit:
Ein schöner Tourentag bei fast schon frühsommerlichen Verhältnissen – einzige Voraussetzung: früh unterwegs zu sein…
Lawinensituation:
Laut SLF: Stufe 3 «erheblich», Gefahr von Nassschneelawinen
Parameter:
Tourdatum: 2. April 2011(!)
Schwierigkeit: WT3, Gipfelbereich T4
Anreise: PW aus dem Zürioberland – A53 (Reichenburg) – A3 bis Ausfahrt Landquart – Küblis – Pany – St. Antönien bis Parkplatz Nr.13 (Dörfji, ab hier Fahrverbot)
Strecke: 9.3 km: Dörfji – Schlangenstein – Säss – Hasenflüeli, Abstieg auf ungefähr identischer Strecke
Aufstieg: ca. 815 m
Abstieg: ca. -815 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 7 Std.
Benötigte Zeit exkl. Pausen: 3 Std. 40 Min.