Herbst 2021, Val Müstair 4|4: Cima del Serraglio (Nordgipfel) 2633 m

Die mehrgipflige Cima del Serraglio – aus Sicht des Autors der Berg, an dem die Erinnerung verloren ging und zurückkehrte. Dass dieser auf der Landesgrenze I/CH liegende Berg kaum besucht wird, liegt wohl am relativ langen Zustieg. Ausserdem ist dieser grösstenteils weglos und unmarkiert. Wir starteten auf dem Pass dal Fuorn/Ofenpass, vorbei am Sendeturm und über steinig-felsigen Weg. Die uns bereits bekannte südliche Umgehung des Il Jalet führte zu den bizarren Felstürmen in eine Steilstufe. Die Minusgrade waren rasch vergessen, denn auf der sonnigen Davo Plattas angekommen, hatten wir über eine Strecke von 1 km bereits 140 Hm absolviert und damit die Betriebstemperatur erreicht. Hier gingen unsere Blicke hoch zum mächtigen Piz Daint und zum nahen Gipfel des Il Jalet. Die nächsten 2 km bis zur Döss da las Plattas verliefen in leichtem Auf und Ab auf gleicher Höhe. Nach dem felsig-steilen, aber kurzen Abstieg, folgte die Durchquerung des immer wieder beeindruckenden Val Murtaröl, in welchem wenig Wasser und etwas Eis anzutreffen waren. Stöcke waren hier eine gute Hilfe. Die folgende Unterquerung der bis zu zweihundert Meter aufragenden Felsen verlief im Schatten und in Richtung W. Bei P.2272 blieben wir links, um die Höhe haltend Döss da las Plattas zu erreichen. An der Sonne genossen wir eine erste Trinkpause und die Aussicht auf Buffalora (mit der Passstrasse) und zum Munt Buffalora. Jetzt war Jufplaun erreicht, diese wunderbare Alpweide-Landschaft, welche sich in tollen herbstlichen Farben präsentierte – natürlich im Gold der Lärchen. Begegneten wir bis hierher nur einem Paar, welches später zum Piz Daint aufstieg, wurde es nun unerwartet, aber wohltuend, einsam. Nach etwa 1.2 km südlich, bei P.2331 kurz vor der Jagdhütte bogen wir nach rechts, um auf dem breiten Weg (mit Fahrspuren) südlich des Hügels Döss da Termel (2349 m) zum P.2316 zu laufen. An diesem Wegpunkt wird der Normalweg erreicht, welcher von der Chasa da Cunfin hochführt und wenig später ins Val Mora hinunterführt. Nach wenigen Metern verliessen wir den WW nach rechts, um nun weglos über die wunderbaren Alpweiden im Gebiet Mots zu laufen. Vor uns präsentierte sich das Gipfelziel mit dem markanten Steinmann – 300 Höhenmeter «nur» noch. Nun folgten wir in südwestlicher Richtung mehr oder weniger ausgeprägten Spuren, den kleinen Hügeln in logischer Linie ausweichend. Als Orientierung diente uns der südöstlich gelegene P.2360, wo eine gut sichtbare kleine Hütte steht (welche auch auf der Landeskarte eingetragen ist). Mühelos erreichten wir P.2429, von wo schwache Wegspuren nach Süden ins kleine Val da Bröch hinunterführten. Ab dem unscheinbaren Übergang hielten wir nun konsequent in Richtung P.2530, welcher den nördlichsten Punkt am Kamm des Cima del Serraglio markiert. Wenig unterhalb dieses Wegpunkts stiegen wir etwas direkter und südwestlich hoch. Dann das Highlight des Tages: im gerölligen Gelände die Begegnung mit Gämsen, welche uns ohne Fluchtverhalten in ca. 80 m Abstand beobachten. Also nutzten wir die Gelegenheit zu fotografieren. Ein tolles Erlebnis! Die wenigen, aber steilen Meter Zustieg zum Gipfelpunkt 2633 waren reine Formsache. Nach knapp drei Stunden (inkl. Pausen) oben angekommen, präsentierte sich ein unbeschreibliches Gipfelpanorama bei bester Fernsicht in allen Richtungen (siehe Bilder). Selten haben wir so traumhafte Verhältnisse erlebt wie heute und zu dieser Jahreszeit – absolut windstill, an der Sonne gemessene 26° C(!). Ideal für eine ausgiebige Gipfelrast von bestimmt einer halben Stunde. Dass der Gipfel uns allein gehörte, konnten wir kaum fassen. Mit einem gewissen Stolz und innerer Befriedigung machten wir uns auf zum Abstieg. Oberhalb des Übergangs ins Val da Bröch hielten wir etwas direkter absteigend nach Mots hinunter. Das Gelände war auch ohne Wegspuren sehr gut zu begehen. Kurz vor der Chasa da Cunfin erreichten wir wieder den WW. Beim ehemaligen Grenzwachtposten (heute eine Erdbebenmessstation der ETH) schalteten wir nochmals eine Trinkpause ein. Auf dem Weiterweg, vorbei an der Verzweigung bei P.2264, begegneten wir drei sympatischen italienischen eBikern, welche aus Richtung Bormio (Valle di Fraéle, Lago di Cangano, Alpe di Gallo) kamen und nach dem Weg fragten. Offensichtlich ohne Kartenmaterial unterwegs😯, wären die drei prompt in die falsche Richtung gefahren (Ofenpass statt Val Mora). Etwas nachdenklich liefen wir weiter, um bei P.2220 die Brücke über die Aua da Murtaröl zu erreichen. Bei P.2195 vorbei an der Alphütte und der Verzweigung (in Richtung Nationalpark) wurde der Abstieg über die Alpstrasse und durch den Wald hinunter zur Alp Buffalora sehr steil und ruppig. Ab hier waren es noch 15 Minuten bis zum Endpunkt beim Berggasthaus Buffalora. In der vierzigminütigen Wartezeit genossen wir unsere Panachés an der Sonne. Fast schon sekundenschnell verschwand die Sonne hinter dem Munt Chavagl, und die Temperatur erreichte die Nullgradgrenze. Gerade rechtzeitig konnten wir das Postauto besteigen, welches uns zum Startpunkt auf dem noch immer in der Sonne gelegenen Pass dal Fuorn brachte.

Fazit:
Dieser gut erreichbare Gipfel ist auch als Bergwanderung sehr attraktiv – alleine schon der Aussicht wegen. Ausserdem war die Tour so etwas wie die Rückkehr der Erinnerung an die Besteigung mit Schneeschuhen im Januar 2021. Ein wunderschöner Bergtag – danke Doris

Wetterverhältnisse:
Herbstwetter vom Feinsten, Temperaturen im Bereich -2 bis +9° C, auf dem Gipfel an der Sonne 26° C(!), windstill

Ausrüstung:
Bergwanderschuhe, Handschuhe, Stöcke, Kartenmaterial Swisstopo, GPS

Parameter:
Tourdatum: 23. Oktober 2021
Schwierigkeit: T3
Strecke: 13.3 km, Parkplatz Pass dal Fuorn/Ofenpass (2149 m) – Davo Plattas (2288 m) – Val Murtaröl – P.2272 – Döss da las Plattas – Jufplaun – P.2331 (kurz vor der Jagdhütte) – P.2316 – weglos über Mots – P.2429 (Übergang mit undeutlichen Wegspuren) – weglos hoch zum Gipfelaufstieg (zwischen P.2530 und Gipfelsteinmann P.2633) – Cima del Serraglio (Nordgipfel) 2633 m – Abstieg anfänglich wie Aufstieg, oberhalb P.2429 direkt hinunter über Mots bis 2316 – Chasa da Cunfin (2289 m) – P.2264 – Jufplaun – Brücke über die Aua da Murtaröl (P.2220) – P.2195 (Buffalora) – Alp Buffalora (2032 m) – Überquerung Fuorn – Buffalora, Berggasthaus und Haltestelle (1967 m)
Aufstieg: ca. 634 m
Abstieg: ca. -812 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 6 Std. 25 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 4 Std.
Tageszeit: 09:35 bis 16:00 Uhr

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