Lukmanierpass – Capanna Bovarina – Pass Cristallina – Sogn Gions

Wieder einmal lockte eine zweitägige Hüttentour in einem für uns unbekannten Gebiet an der Grenze GR/TI.

1. Tag (Lukmanierpass – Capanna Bovarina UTOE)
Ab Haltestelle Pardatsch Dadens erreichten wir mit dem Postauto den Lukmanierpass nach zehnminütiger Fahrzeit kurz vor elf Uhr. Den Startkafi genossen wir auf der Hinfahrt bereits in Disentis, also starteten wir um 11 Uhr. Gleich gegenüber dem Ospizio del Lucmagn wurden wir auf den richtigen Weg gewiesen: Laufzeit bis zum Tagesziel ca. 3 Stunden. Erst führte die Wegspur in östlicher Richtung über Alpweiden, anfänglich leicht, und bald einmal stärker steigend – die Sonne voll im Gesicht. Bei P.2156 (I Traversoni) dann eine erste Kehre und wenig später eine zweite. Zur linken der Cima del Moro (2522 m), den wir unterquerten. Nach der Überquerung einer grossen Runse wurde der Weg etwas ruppiger, nie aber ausgesetzt. Nach 75 Min. erreichten wir die Foppa die Negra (knapp 2400 m) – mystische Stimmung hier oben: leichte Nebelschwaden drückten vom Tal hinauf und packten die eigenartig geformten schwarzen Felsbrocken (Gana negra) ein. Die Höhe haltend, erreichten wir eine halbe Stunde später den Passo di Gana Negra, von wo auch in Richtung Olivone abgestiegen werden könnte. Wir hielten weiter nach Osten, um an einem hübsch gelegenen Seelein zu rasten – die grandiose Aussicht zu den Adula-Alpen mit dem dominanten Rheinwaldhorn/Adula (3402 m) geniessend. Über unseren Köpfen heftiger Lärm: die vielen Bergdohlen fühlten sich bedroht von einem kreisenden Adlerpaar. Vor uns eine kleine Schwemmebene, dann begann der Abstieg von ca. 560 Hm über die Alpe di Bovarina zur Hütte. Unterwegs immer wieder diese schwarzen Brocken, herbstlich gefärbte Natur, hübsche Seelein – das letzte und schönstgelegene unmittelbar oberhalb der Alpgebäude. Hier bemerkten wir, etwa 150 m zu weit nach Süden gelaufen zu sein, weshalb wir  ohne Wegmarkierungen auskommen mussten. Egal, nach ein paar Metern auf der Alpstrasse erreichten wir wieder den WW und die Brücke über den Ri di Gana Negra. Jetzt noch ca. 1 km bis zum Tagesziel, welches wir um 15 Uhr erreichten. Eine recht einsame Tour (gerade mal 4 Personen angetroffen) fand einen schönen Abschluss. Vom Hüttenwartspaar Yvonne und Loris freundlich begrüsst, bezogen wir unser Lager (4 Betten für uns!). In der heute Sonntag nur mit 9 Gästen besetzten Hütte (40 Plätze) genossen vier den späten Nachmittag und später die nette Tischgesellschaft (alles Deutschschweizer…), und zum Abschluss das Abendessen.

2. Tag (Capanna Bovarina UTOE – Pass Cristallina – Sogn Gions)
Wir erlebten eine ruhige und erholsame Nacht. Nicht zu früh, kurz vor 7 Uhr, Tagwacht und anschliessend Frühstück. Was für ein Panorama präsentierte sich: die Adulaalpen und der Luzzone-Stausee im Osten, und hinter der Capanna der nicht mehr ganz volle Mond. So fühlten wir uns total motiviert, ein zweiter toller Wandertag vor uns! Kurz vor neun Uhr machten wir uns auf den Weg in Richtung Pass Cristallina, gut markiert und nicht zu verfehlen. Nach einer kurzen Walddurchquerung hielten wir in Richtung N (nun voll an der Sonne), unter uns das Val di Campo, über uns die Cima della Bianca (2893 m) resp. deren östliche Ausläufer. Dort wo das Wasser des kleinen Val d’Inferno(!) herunterfloss, hielten wir nach O um dann oberhalb des Alpgebiets Orlone ziemlich steil und direkt aufzusteigen (Gebiet Céti Buair), bis zum Lago Retico immerhin 400 Hm über eine Strecke von 1.5 km. Hier rauf zu keuchen sollte uns recht sein, hatten wir doch die Energiezufuhr des Vorabends und des Frühstücks zu verbrennen. Auf einer Höhe von 2372 m dann die erste Offenbarung heute: der Lago Retico – was für ein wundervoller Bergsee! Zwei Fischer versuchten gerade Trotte zu fangen, während uns ihr beeindruckender Pastore Svizzero (kein Priester!) freundlich beschnupperte. Nach der östlichen Umrundung des Sees der kurze Aufstieg zum Pass Cristallina (2399 m), wo eine längere Trinkpause angesagt war. Schliesslich galt es vom Adula-Panorama Abschied zu nehmen und den Blick ins sich nordseitig ausbreitende Abstiegsgelände zu geniessen. In achthundert Meter Luftlinie leuchtete der etwa 100 Hm tiefer liegende Bergsee namens Laiets. Bis dorthin war der Abstieg blockig, aber gut markiert (wrw). Nach dem Laiets dann eine ziemlich ruppige Steilstufe, wo auch mal die Hände (anstelle der Stöcke) gebraucht wurden. Im Plaun Grond (2141 m), einem riesigen Kessel gleich, genossen wir die Mittagsrast, umrundet von einer mächtigen Felswand. Ab hier wurde das Gelände etwas weniger felsig, aber noch immer steil. Entlang einem Weidezaun (Warnung vor Herdenschutzhunden, die wir nicht zu Gesicht bekamen) stiegen wir weiter ab bis Stavel dil Laiets (2059 m), einer Wehr der Axpo, wo das Wasser in die Schlucht Bucca digl Uffiern abstürzt. Über eine neugebaute Brücke mit Blick ins wilde Val Uffiern gelangten wir auf die unbefestigte Fahrstrasse, um in leichtem Wiederaufstieg bis Stavel digl Uffiern. Über zwei Kehren erreichten wir schliesslich das Gebiet Landschems, wo sich die Bäche des Val Casatscha und des Val Uffiern zum Rein da Cristallina vereinen. Jetzt hatten wir den nicht gerade knieschonenden Teil unseres Abstiegs hinter uns. Der Weiterweg durch das offene Val Cristallina zog sich dann noch etwas hin: ca. 3.5 km, aber nur noch ca. 100 Hm. Vorbei an vielen militärischen Anlagen und an der schön gelegenen Alp Cristallina (leider keine Alpbeiz😴, aber eine friedliche Muttertierherde), erreichten wir zügig den Endpunkt unserer Zweitagestour – den kurz vor der Lukmanier-Passstrasse gelegenen Parkplatz Pardatsch Dadems.

Wichtig:
Das Val Cristallina ist EMD-Versuchsschiessplatz; über Sperrzeiten sollte man sich unbedingt vor der Tour informieren: Koord Absch 32 / armasuisse +41 58 480 23 32

Fazit:
Eine recht einsame zweitägige Hüttentour im schönen und wilden Grenzgebiet der Kantone Ticino und Graubünden – sehr zu empfehlen!

Wetterverhältnisse:
An beiden Tagen sehr sonnig, am SO mit leichter Bewölkung, am MO ungetrübt, trocken, angenehme 12 bis 24°, unterwegs je nach Exposition kaum störender Wind aus Südost (herbstliches T-Shirt-Wetter also!).

Hilfsmittel:
Feste Wanderschuhe, Stöcke; Kartenmaterial, GPS-Maschine

Parameter:
Tour-Datum: 15./16. September 2019
Schwierigkeit: T2 (Stellen T3 ab Pass Cristallina)
Strecke: total 22 km, davon am 1. Tag 9 km ab Lukmanierpass (1920 m) – Passo di Gana Negra (2434 m) – Alpe Bovarina – Capanna Bovarina UTOE (1870 m), am 2. Tag 13 km ab Capanna Bovarina UTOE – Lago Retico (2372 m) – Pass Cristallina (2399 m) – Laiets (2307 m) – Plaun Grond (2141 m) – Stavel dil Laiets (2059 m) – Stavel digl Uffiern (1976 m) – Landschems – Val Cristallina – P Pardatsch Dadens (1559 m)
Aufstieg: insgesamt ca. 1152 m (1. Tag 539 m, 2. Tag 613 m)
Abstieg: insgesamt ca. 1470 m (1. Tag 574 m, 2. Tag 896 m)
Laufzeit ohne Pausen: total ca. 7 Std. 25 Min. (1. Tag: 3 Std. 10 Min, 2. Tag: 4 Std. 15 Min.)
Laufzeit mit Pausen: total ca. 10 Std. 15 Min. (1. Tag: 4 Std. 15 Min, 2. Tag: 6 Std.)

5 Gedanken zu „Lukmanierpass – Capanna Bovarina – Pass Cristallina – Sogn Gions“

    1. …und eine einsame Tour wars – einfach toll! Und am nächsten Wochenende gehts zu den Walsern (Cruina-Cornopass-Griesspass-Formazza/Italia-Guriner Furggu-Bosco Gurin). Ihr seid ja auch immer (täglich) und wunderbar unterwegs. Alles Gute weiterhin und LG, Ruedi

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