Monte Bar 1816 m – ab Corticiasca (TI)

Einleitung:
Darf man sowas? Wandern in dieser Zeit, wo gerade ein grosser Krieg – nur gerade 1700 km von unserer Haustüre entfernt – losgetreten wird und grosses Leid bringt? Wir liessen es uns nicht nehmen – auch wenn uns die Ereignisse grosse Sorge bereiten.

Den Winter haben wir gesehen, der Frühling darf kommen! Ein paar Tage im Mendrisiotto, wo das Tessin noch typisch italienisch ist, das versprachen wir uns. Meride, das kleine Bergdorf am Hang des Monte San Giorgio war – wie schon einmal – unser idealer Standort für drei Übernachtungen. Am Anreistag (Samstag) unternahmen wir einen T2-Spaziergang durch die Geschichte: der nahe gelegene Parco archeologico Tremona-Castellobot einen Einblick in eine fremde Welt, wie sie während 6000 Jahren bis ins 14. Jahrhundert existierte. Der ca. 3.8 km lange Rundweg führte uns vorbei an einer mitten im Wald gelegenen Cantina mit Bocciabahn, mit Aussicht zum 380 m tiefer gelegenen Riva San Vitale und das südliche Ende des Lago di Lugano. Der leichte Wiederaufstieg nach Meride führte vorbei am Antico Grotto Fassati, wo wir am Abend köstliche Gerichte genossen.

Nun zur Tour von heute Sonntag:

Ziel für heute war der Monte Bar, dieser wunderbare Aussichtsberg in den Luganeser Voralpen, dessen nach Süden ausgerichteter Aufstieg viel Sonne versprach. Für die Fahrt über Lugano ins Val Colla benötigten wir 45 Minuten. Im Bergdörfchen Corticiasca fanden wir problemlos einen Parkplatz am östlichen Dorfausgang. Einige Gleichgesinnte hatten das gleiche Ziel, der Andrang hielt sich aber in Grenzen (die geöffnete Capanna Monte Bar CAI lockte…). Nach dem kurzen Aufstieg zur Ortsmitte hielten wir nach O zur Kirche. Ausgeschildert (WW weiss-rot-weiss «Monte Bar via Monte») stiegen wir zwischen Kirche und Friedhof steil auf über staubtrockenes Wiesland bis zur zweiten Kurve der geteerten Fahrstrasse. Auf dieser legten wir die nächsten fünfhundert Meter zurück bis zum P.1143. Jetzt der Direktaufstieg zum und am Weiler Monte vorbei hoch zur Forststrasse. Nach einem kurzen Wegstück verliessen wir die Naturstrasse in nördlicher Richtung, um markiert und durch lichten Wald direkt aufzusteigen. Im Gebiet Badairolo überquerten wir eine Forststrasse, um auf guter und markierter Spur weiter aufzusteigen. Mittlerweile auf einer Höhe von 1300 m.ü.M. wunderten wir uns darüber, dass der gewählte Aufstieg auf der LK 1:25000 nicht eingezeichnet war. An einer auf 1400 m liegenden Stelle erreichten wir den Waldrand, wo uns die Sonne verwöhnte – ein idealer Platz für eine Trinkpause. Und der Ausblick gegen O ging ins Val Colla und zu den italienischen Gipfeln. Auch wenn wir auf einem nicht auf der Karte eingetragenen Weg unterwegs waren, machten wir uns keine Sorgen; drei Spitzkehren weiter oben errreichten wir das Waldende und den von der etwas westlich gelegenen Alpe Musgatina herführenden Pfad. Nun voll an der Sonne (und im Wind!) querten wir nach O, oberhalb der Piazza Grande. Am östlichen Ende, an einer abfallenden Geländekante die Richtungsänderung nach NW, die fünfzig Meter höherstehende Capanna Monte Bar CAI kam ins Blickfeld. Auf dem vierhundert Meter langen Weg zur Hütte der erste Schneekontakt heute, ein kleines Restschneefeld. 1 Stunde 25 Minuten für den Aufstieg – nicht schlecht für uns. Auf den Besuch der 2016 neu erbauten Hütte verzichteten wir – zu gross der Andrang! Gleich oberhalb der Hütte der Wanderwegweiser und die Sicht zum Gipfelziel: 200 Höhenmeter, sollte in 20 Minuten zu schaffen sein. Ein unschwieriger Aufstieg, mit Schneekontakt unterhalb des Gipfels; die Querung auf gefrorener Unterlage aber harmlos. Oben angekommen, betörte uns das grandiose 360°-Panorama bei bester Fernsicht (bis 180 km!). An eine Gipfelrast war nicht zu denken, zu ungemütlich der starke Wind. Also machten wir uns an den Abstieg über den nicht sehr ausgeprägten Westgrat. Lediglich die Traverse über ein Schneefeld verlangte etwas Vorsicht, danach folgte der Steilabstieg bis zum P.1566 (ca. 1.2 km). Ab hier wäre auch der Caval Drossa 1632 m) zu erreichen – den wir uns schenkten. Nach einem kurzen und weglosen Abstieg über spindeldürre Grasbüschel gelangten wir auf den von der Capanna herkommenden (geteerten!) Fahrweg. Auf dieser von uns nicht gerade geliebten Unterlage erreichten wird bald den einmaligen und stark besuchten Aussichtspunkt Motto della Croce, wo ein monumentales Kreuz steht. Lugano und Umgebung zu Füssen. Ab hier wählten wir den ausgeschilderten Pfad zur Alpe Rompiago hinunter, wo es was zwischen die Zähne gibt. Bis dorthin (20 Minuten) verläuft der Pfad deutlich anspruchsvoller, als bisher, sogar mit zwei kleinen Bachquerungen. Auf der Alpe angelangt, wurden wir begrüsst von einer grossen Schar von Tieren (Hühner, Schafe, Ziegen). Im gemütlichen Wintergarten der wunderbar gelegenen Alpwirtschaft genossen wir kurz vor drei Uhr nachmittags hauseigene Produkte (Salametti, Büscion, Pane) und verdientermassen due Birre. So gestärkt machten wir uns auf den Weiterweg, ca. 1 Stunde bis hinunter zum Ausgangspunkt in Corticiasca. Nach etwa 600 m Teerstrasse verliessen wir diese nach N in Richtung P.1231, dem hintersten Punkt im Valle del Fiume Bello. Jetzt änderte die Richtung nach S, fast schon windstill und die wärmende Sonne im Gesicht. Vor uns der Blick über das Val Colla hinweg zu den bizarren Denti della Vecchia, die wir im November 2020 bewandert haben. Im Gebiet Grasso, unterhalb der Alpe Musgatina (dort wo der Normalweg zu Capanna Monte Bar abzweigt), bogen wir nach rechts weg in Richtung P.1197. Hier verläuft die Spur spektakulär zwischen offensichtlich mal abgestürzten Felsblocks. Bald erreichten wir die Häuser des Weilers A Còzze und wenig später El Montascín. Nach der kleinen Schlucht El Cügnö die ersten Häuser von Corticiasca – Ende einer wunderbar sonnigen Geburri-Tour mit einigen Auf- und Abstiegsmetern.

Fazit:
Vorfrühling im Südtessin – schöner geht es nicht!

Wetterverhältnisse:
Sonne, Sonne, Sonne, wolkenlos, nächtliche Minustemperaturen, Temperaturen ab 1000 m.ü.M. im Bereich -11 bis -3°, ziemlich kräftiger Wind aus S.

Ausrüstung:
Bergwanderschuhe, Stöcke, Kartenmaterial, GPS

Parameter:
Tourdatum: 27. Februar 2022
Schwierigkeit: T2
Strecke: 13.3 km: Corticiasca (1040 m) – P.1056 (Chiesa) – I Canécc Brüsà – P.1144 – Monte – Badairolo – Pian Carasso – Capanna Monte Bar (1600 m) – P.1609 – Monte Bar (1816 m) – P.1566 – Corte di Camorino – Piano Calderè – P.1418 – Motto della Croce (1393 m) – Alpe Rompiago (1275 m) – P.1231 (Valle del Fiume Bello) – P.1197 – A Còzze – El Montascín – Corticiasca
Aufstieg: ca. 877 m
Abstieg: ca. -871 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 6 Std. 5 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 4 Std. 15 Min.
Tageszeit: 10:45 bis 16:50 Uhr

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