Monte Boglia (1516 m), Überschreitung von Luganos Grenzberg

Seit Tagen Nass und Grau im Norden, ausserdem noch immer reichlich Schnee in höheren Lagen – was liegt näher, als wieder einmal in die Sonnenstube Tessin zu rollen; ÖV-Halbtax und Mitfahrkarte, das Ganze für hundertdreizehn Franken. Nichts wie los am schönsten Tag in dieser Woche. Sehr eindrücklich die Bahnfahrt mit dem ECN (Trenitalia) – bei Erstfeld ins Neat-Loch und auf der Südseite mit zweihundert Sachen raus – aahhh, die Sonne scheint! Doch vorher (bei der Abfahrt in Arth-Goldau) kurzes Durchatmen – der „Italiener“ startete nach dreimaligem Versuch doch noch. Blitzartig unser Gedanke: hoffentlich schafft der moderne Zug die 57 km lange Neat-Durchfahrt. Nach dem leicht verspäteten Stopp in Bellinzona dann das Ende – nichts ging mehr, alle zehn Minuten eine ohnmächtig nichtssagende Durchsage, dass man daran arbeite, das Problem zu lösen. Wir wechselten in einen bereitstehenden TILO-Zug, um dann mit grosser Verspätung Lugano zu erreichen. Auf den Bus wartend der Genuss eines Start-Cappuccinos im Bahnhofbuffet. Etwas nach elf Uhr erreichten wir den Ausgangspunkt in Brè Paese doch noch.

Sonnencrème-beschmiert (>20° wurden in Aussicht gestellt!) spazierten wir durch den schönen Ortskern, um dann am Ortsausgang auf kopfstein-gepfastertem Weg rechts in Richtung Materone/Monte Boglia zu halten. Nach dreimaliger Querung einer Strasse dann bei Castra (ungefähr dort wo der schön gepflästerte Weg in einen natürlichen Pfad übergeht, scharf rechts (gut markiert in Richtung „Monte Boglia“). Mittlerweile durchliefen wir schönsten Buchenwald auf eine Höhe von ca. tausend Metern. Ab und zu ein kurzer Durchblick in den tief unten liegenden Lago di Lugano. Jetzt wurde es ziemlich steil, aber niemals ausgesetzt. Über schönstes Aufstiegsgelände erreichten wir den Wegpunkt 1294 und den nahe stehenden Sasso Rosso. Wir blieben oberhalb des Wanderwegs, um auf dem Grat den Tiefblick zu geniessen – eintausend Meter unter uns der See, und: hier oben sollte man sich nicht zu weit an den Abgrund wagen… Oberhalb des Sasso Rosso öffnete sich der Panoramablick auf die Stadt Lugano, den See, den San Salvatore und den Damm von Melide. Jetzt noch der letzte Aufschwung, erst über gut angelegte Serpentinen, dann baumfrei über ein Grätchen, und schwups standen wir auch schon auf dem Monte Boglia. Das 360°-Pano hier oben ist vom Feinsten – sogar die Walliser Riesen zeigten sich.

Der erwartete Nordwind war schwächer als erwartet, so dass einer ausgiebigen Gipfelrast nichts im Wege stand – und irgendwie musste das mitgebrachte Dreigangmenü vertilgt werden (Tuttifrutti als Vorspeise, zum Hauptgang Schraubenbrot gut gefüllt mit „scharfem Markus“, zum Dessert eine dunkle Branche). Bei solchen Verhältnissen auf „die dort unten“ herab zu schauen macht Spass.

So gestärkt verliessen wir diesen wirklich schönen Grenzgipfel, wohl wissend um den bevorstehenden etwas ruppigen, und nicht gerade knieschonenden Abstieg von 350 Hm. Anfänglich noch aussichtsreich, tauchten wir wieder ein in den von Buchen dominierten, lichten Wald. Auf der Pian di Scagn (P.1173) erreichten wir dann den obersten Teil der Alpe Bolla – wunderschön hier oben! Wenige Schritte unterhalb noch schöner: das Grotto Capanna Alpe Bolla. Klar, der Durst musste gestillt werden und der Formaggino musste auch versucht werden – lecker! Schwierig, sich hier wieder zu erheben (man könnte auch nächtigen!). Wir rissen uns zusammen, und machten uns auf den Weg in Richtung Brè. Die Strecke verläuft überwiegend durch Buchenwald – mit einigen uralten Bäumen. Ul Pian Camoghe heisst das Gelände. Teilweise verläuft der sehr gut unterhaltene Weg unterhalb einer felsigen Wand südwärts und während etwa zwei km die Höhe von ca. 1130 m haltend. Nach einer markanten Richtungsänderung ging es nordöstlich; in der Gegend Carbonera dann die Wahl: entweder rechts der Abstieg via Val di Cagnoli oder geradeaus in Richtung Trevach. Wie entschieden uns gegen den wohl eher schluchtartigen Abstieg, und erreichten bald schon den uns vom Aufstieg bekannten Punkt bei Trevach. Ab hier dann auf der bekannten Kopfsteinpflästerung hinunter nach Castra. Den Ausgangspunkt unserer Wanderung im Blickfeld, erreichten wir Brè Paese kurz nach halb fünf – gerade richtig, um den Bus nach Lugano (Abfahrt 17:00 Uhr) zu besteigen. Also keine Lust für einen durchaus lustvollen Aufenthalt in einer Gartenbeiz, weil der Anschluss ab Lugano ein ICN (der SBB) war – eine Stunde später wäre es dann die Aussicht auf italienisches Rollmaterial gewesen… Ausserdem konnten wir so in Arth-Goldau in den Voralpenexpress umsteigen und die Fahrt über den Sattel geniessen. Via Rothenturm – Pfäffikon SZ – Rapperswil SG – Wetzikon „landeten“ wir ziemlich entspannt (und auch etwas ermattet) zuhause.

Fazit:
Wieder einmal richtig entschieden, einen Schönwettertag gegen einen Schlechtwettertag einzutauschen!

Wetterverhältnisse:
Sonnig, Schönwetterwolken, gute Fernsicht, Tageshöchsttemperatur um 23°, sehr angenehm für eine Bergwanderung im Tessin.

Hilfsmittel:
Stöcke; Kartenmaterial

Parameter:
Tour-Datum: 9. Mai 2017
Schwierigkeit: T2
Strecke: 12.6 km, Brè Paese (800 m) – Trevach (P.1024) – Lurenzin – Sasso Rosso – SO-Grat – Monte Boglia (1516 m) – Pian di Scagn (1174 m) – Grotto Alpe Bolla (1129 m) – Pian di Camoghe – Carbonera – Trevach – Brè Paese
Aufstieg: ca. 811 m
Abstieg: ca. -802 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 5 Std. 33 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen 3 Std. 44 Min.
Tageszeit: 11:15 bis 16:45 Uhr

Kamera:
Nikon Coolpix P900

4 Gedanken zu „Monte Boglia (1516 m), Überschreitung von Luganos Grenzberg“

  1. Ich denke der Gipfelausflug in den Süden hat sich mehr als gelohnt , gell
    Nicht besonders schwer, aber mit einem herrlichen Gipfelpanorama, sogar der Blick zu den großen Walliser war dabei – Gratulation !
    HG Michael

    1. Eigentlich wollten wir an diesem Tag die bekannte Höhenwanderung Monte Tamaro-Monte Lema machen, aber 50 cm Schnee war doch zuviel, also wichen wir weiter nach Süden aus. Und: wir haben noch viiiiiiiele Ideen (und Zeit dazu). Liebi Grüess Ruedi (und Doris)

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