Letztmals bestiegen am 19. August 2018, heute vollständig andere Verhältnisse. Auf der Bergfahrt mit der Gondelbahn Celerina-Marguns (heute Saisonschluss)) war die schneefreie Südseite dieses massigen Bergs einzusehen. Um halb zehn Uhr – und bei -7° C – der Start ab Bergstation Marguns (2276 m) – das Gebiet wird gerade «zurecht» gemacht für die bevorstehende Skisaison (siehe Bilder). Unterhalb der Station beginnt der weiss-rot-weiss markierte Wanderweg; erst über ein mit Kunstschnee belegtes Feld führte der Pfad leicht ansteigend in Richtung Munt da-la-Bês-cha. Nach Überquerung eines (noch) vereisten Bergbachs wurde der Pfad unter Einwirkung der Sonne bald schmieriger. Beim P.2489 angekommen, unterquerten wird den Piz Padella die Höhe haltend geradeaus in Richtung NO, hier beginnt die Wildruhezone. Oberhalb der Alp Clavadatsch bei P.2388 angekommen, hatten wir zu entscheiden: weiter nach Osten um die Alp Muntatsch (2188 m) zu erreichen und von dort nach Samedan abzusteigen. Wir entschieden für den Weiteraufstieg zur Sass Alv, wohl wissend, dass jetzt mehr als 450 Hm winterlicher Nord-Aufstieg bevorstand. Ab Sass Alv bei P.2478 angekommen änderte die Richtung nach S. Was macht man, wenn viele der WRW-Markierungen unter Schnee waren? Richtig: zum Glück gab es einige Trittspuren von Vorsteigern, und wir vertrauten einfach darauf, dass uns diese zum Gipfel führten. Die Tritte wurden immer tiefer, oft knietief, und die Gefahr in ein mit Schnee gefülltes Loch einzusinken, war erheblich. Ab einer Höhe von ca. 2600 m wurde das Gelände blockiger und wesentlich steiler. Oft waren wegen der gefrorenen Unterlage kaum Trittspuren zu erkennen. Ab und zu halfen Markierungen an Felsen, die Orientierung zu halten. Bald nahte die uns vom Abstieg im August 2018 bekannte enge, ausgesetzte Steilstufe – eine etwas trickige Hangquerung im Tiefschnee. Die vorhandenen (tiefen) Tritte gaben uns zwar Vertrauen – aber abrutschen wäre hier keine Option. Jedenfalls war volle Konzentration gefragt – von den fantastischen Ausblicken ins Tal, zum Piz Kesch im Rücken, und zum Festsaal der Alpen (Bernina-Gruppe) im Süden durften wir uns nicht ablenken lassen. Wenige Meter unter dem Gipfel – an der bekannten Verzweigung – hatten wir die Gewissheit, es bald geschafft zu haben. Und tatsächlich, ein paar Schritte über breite, schneefreie Platten, und schon war der Piz Padella erreicht – nach etwas mehr als drei Stunden K(r)ampf. Schon ein überwältigendes Gefühl, diesen speziellen Verhältnissen getrotzt zu haben. Ein spezieller Gipfelstürmer gleich hinter uns: ein schöner Husky erreichte ebenfalls den Gipfel, ca. 5 Min. vor seinem Herrchen. Nach dem Genuss des Gipfelpanoramas (beste Weitsicht!) zwang uns der unangenehme SW-Wind, die Gipfelrast im Abstieg abzuhalten. Von unserem im steilen Blockgelände gelegenen «Rastplatz» war die Abstiegsstrecke gut einzusehen; eine fast schneefreie, aber ziemlich schmierige Angelegenheit. Also hatten wir keine Eile und genossen unsere Leckereien. Nachdem wir dem Treiben einiger Auf- und Absteiger zugesehen hatten, waren nun wir an der Reihe: nur ja nicht in die Schmiere fallen… Vorsichtig langsam meisterten wir diesen ersten zum Glück nicht allzu steilen Abschnitt. Es folgten ein paar hohe Tritte im Fels, welche mit Ketten unterstützt hilfreich gesichert waren. Über viele Serpentinen, die Unterlage vom Wind meist abgetrocknet, schloss sich beim P.2489 am Munt da-la-Bês-cha der Kreis. Nun noch eine halbe Stunde fast schon erholsam über schneefreies Alpgelände hinunter bis Marguns. Unterwegs nochmals die Querung des vom Val dal Selin herunter plätschernden Bachs, verbunden mit dem Blick hinauf zu den schönen Las Trais Fluors. Um 15 Uhr erreichten wir die nonstop fahrenden Gondeln, welche uns flott nach Celerina hinunter brachten. Doch kurz vorher Zweckentfremdung des neuen Kunstschneefelds: eine ausgezeichnete Schuhputzeinrichtung – das nennt man Service!
Fazit:
Eine der ausserordentlichen Verhältnissen wegen ziemlich fordernde (und herausfordende), aber unglaublich lohnende Gipfeltour.
Wetterverhältnisse:
Herrliches, sonniges Bergwanderwetter, wolkenlos, recht kühl (~-7 bis 8°), mässig störender Wind aus SW (bis 25 km/h)
Hilfsmittel:
Bergwanderausrüstung, Stöcke, Grödel (für alle Fälle…)
Parameter:
Tour-Datum: 18. Oktober 2020
Anforderung: T4 (bei schneefreien Verhältnissen T3)
Strecke: 9.8 km, Bergstation Marguns – Munt da-la-Bês-cha P.2489 – P.2388 (oberhalb Alp Clavadatsch) – Sass Alv P.2478 – Piz Padella (2857 m) – P.2532 – Munt da-la-Bês-cha – Marguns (2276 m)
Aufstieg: ca. 674 m
Abstieg: ca. -679 m
Laufzeit ohne Pausen: ca. 3 Std. 25 Min.
Laufzeit mit Pausen: ca. 5 Std. 30 Min.
Tageszeit: 09:30 bis 15:00 Uhr