Sommer 2021 Val Müstair 3|5: Piz Praveder 2767 m, Lai da Rims 2395 m

Gestern Mittwoch erholten wir uns von den Strapazen der Piz Vallatscha-Tour. Bikeausfahrt nach Müstair hinunter (21.3 km, 560 m Auf- und Abfahrt). Unterwegs Shoppinghalt in Sta. Maria Val Müstair in der Handweberei Tessanda, Kafi und Gelato in Müstair, anschliessend geführte Besichtigung im Unesco-Welterbe Benediktinerinnen-Kloster Sankt Johann – eine unglaublich beeindruckende Zeitreise über mehr als 12 Jahrhunderte.

Heute Donnerstag, kurz vor halb neun Uhr, starteten wir bei nicht gerade sommerlicher Temperatur, aber bei Sonnenschein, in Erwartung einer vielversprechenden Kombi-Rundtour Hike&Bike ab unserem Feriendomizil in Fuldera. Die Fahrt ins Val Vau wie schon vor drei Tagen, vorbei an Pra da Vau über einige Serpentinen bis zum P.1947 (Tschuccai). Hier bei der markierten Verzweigung zum Direktaufstieg Lai da Rims stellten wir unsere Bikes unter einer Lerche ab. Ab jetzt ging es zu Fuss weiter, moderat ansteigend, meist auf der Alpstrasse, vorbei an der Alp Las Clastras und später an der Alp Praveder. Nach knapp 3 km, bei P.2236 (Döss Radond), verabschiedeten wir uns von den vielen pausierenden Bikern, welche ins Val Mora fuhren. Wir bogen nach SO ab, w-r-w markiert ins Val Döss Radond. Nun wurde die Tour einsam, wäre da nicht das laute Pfeiffkonzert der Munggen zu hören – und solche begegneten uns in Scharen (siehe Bilder). Zur Rechten die bizarren Felsen des Monte Forcola, links über uns der unnahbar erscheinende Koloss namens Piz Praveder. Unbeeindruckt stiegen wir auf, bald das wild schäumendes Aua (Wasser) an geeigneter Stelle überquerend. Immer steiler werdend und auf gutem, staubtrockenem und deshalb leicht rutschigem Pfad umliefen wir den Piz Praveder. Rechts über dem Bergbach der ca. 2800 m hohe Grat mit dem kaum auszumachenden Grenzübergang Passo dei Pastori (2768 m). Ausser Kletter-Schafen bekamen wir heute kein Wild zu sehen – die Erfahrung des Jägers Severin fehlte uns. Mit dem Rücken zur Landesgrenze, stiegen wir weiter auf über eine steile geröllige Halde. Im Wissen um den nahenden namenlosen Übergang bei P.2678 gabs eine Trinkpause, mit einem letzten Blick hoch zur Landesgrenze CH-I. Zehn Minuten später standen wir beim Punkt 2678. Ab hier folgten wir w-r-w markiert (laut Wegweiser 20 Min. bis zum Gipfel) einer schwachen Spur, vorbei an einem kleinen Tümpel in Richtung N. Nach wenigen Metern, kurz vor dem Abgrund(!), fehlten weitere Markierungen. Laut Swisstopo mussten wir jetzt unmarkiert und weglos nach rechts aufzusteigen – eine steile Grashalde hoch, mit Felsbrocken durchsetzt (Hände aus den Hosentaschen!). Wäre der nahende Gipfelsteinmann nicht zu sehen gewesen, hätten wir den Ehrgeiz wohl verloren. Plötzlich oben, wurden wir mit einem atemberaubenden 360°-Panorama belohnt. Nur der Lai da Rims war nicht zu sehen; dazu hätte man weiter nach O über den schmalen Grat und wenige Meter absteigen müssen. Naja, den See bekamen wir dann später noch ausgiebig zu sehen. Beim Blick hinunter zum 90 Hm tiefer liegenden Übergang machten wir zwei Berggänger aus – Winken und Johlen war angesagt. Auf dem zweigipfligen Piz Praveder (2764 und 2767 m) wehte eine kräftige Brise, die uns zum Abstieg drängte. Für den Abstieg wählten wir die Direttissima über die guttrittige Steilgrashalde. Unten angekommen, wanderten wir wenige Meter weiter, und was bekamen wir zu sehen: diesen, wie viele völlig zu Recht meinen, schönsten türkisfarben leuchtenden Bergsee der Schweiz – Lai da Rims. Bei diesem betörenden Anblick hielten wir (endlich) unsere Gipfelrast ab auf etwa 2600 m.ü.M. Beim Ausblick hinüber ins Gebiet des Piz Umbrails glaubten wir einige abfahrende Biker(!) auszumachen. Auf das Schauspiel im späteren Steilabstieg vom See hinunter ins Val Vau waren wir folglich gespannt. Die 200 Hm Abstieg zum See hinunter war dann reinstes Wandervergnügen – unterwegs mit Begegnungen und der Gelegenheit sich fast schon euphorisch auszutauschen. Am Lai da Rims angekommen, trafen wir kaum auf Wandervolk – und wider aller Erwartungen auch nicht auf Velofahrer. Über den See hinweg ging der Ausblick nach Norden zum vorgestern bestiegenen Piz Vallatscha. Im Vergleich zu jener Tour war die heutige eine Spazierwanderung. Aber der östlich vom See beginnende Abstieg hatte es dann doch noch in sich. Schmal, steil, teilweise staubtrocken und deshalb rutschig, nahmen wir die 420 Abstiegsmeter unter die Füsse. Enttäuschend und beruhigend zugleich darüber, dass uns keine Biker begegneten. Ehrlich, auf dieser engen Strecke mit den steilen steinigen Stufen und Spitzkehren mit dem Bike abzufahren – unvorstellbar; aber angeblich stellen sich nicht wenige Mutige dieser Herausforderung. Jedenfalls waren wir froh, mangels Überholmöglichkeit nicht ausweichen zu müssen. Der Weg vorbei an den schönen Wasserfällen des Aua da Rims begeisterte uns. Nach knapp viereinhalb Stunden Wanderzeit erreichten wir die Holzbrücke über den Aua da Vau und wenige Schritte später unseren Bike-Parkplatz. Jetzt folgte die kontrolliert rassige Abfahrt auf der bereits bekannten Aufstiegsstrecke hinunter nach Fuldera. Beim Postautohalt Pra da Vau warteten bestimmt 50 Leute auf das Postauto, welches uns kurz vor 16 Uhr entgegen kam. Nach fünfunddreissig Minuten Fahrzeit erreichten wir glücklich und gesund unser Domizil Staila in Fuldera – Zeit für ein kühles Bier🍻. Einmal mehr dürfen Doris und ich auf einen wunderschönen Bergtag zurückblicken – danke .

Fazit:
Eine wiederum sehr schöne Erfahrung, mit dem Bike zum Wanderstartpunkt anzufahren und so die Wanderung um ca. 550 Auf-/Abstiegsmeter resp. um 14.5 km zu verkürzen.

Wetterverhältnisse:
anfänglich bewölkt, im Tagesverlauf sonniges Sommerwetter, wenig Wind, ca. 8 bis 18° C

Ausrüstung:
Wanderausrüstung, Stöcke, Kartenmaterial Swisstopo, GPS

Parameter:
Tour-Datum: 19.08.2021
Schwierigkeit: T3, e-Bike leicht fahrbar
Strecke: 26.6 km (Bike 14.5 km, Hike 12.1 km), Fuldera (1636 m) – P.1656 (Val da l’Archa Gronda) – P.1577 (Plazzaraun) – P.1629 (Fastais/Mottas) – P.1716 (Palüetta) – Val Vau – P.1779 (Pra da Vau) – P.1840 (Tschuccai) – P.1947 (ab hier zu Fuss weiter) – P.1974 (Las Clastras) – Praveder – P.2132 – P.2236 (Döss Radond) – Val Döss Radond P.2378 – namenloser Übergang bei P.2678 – Piz Praveder (Steinmann P.2764 und P.2767) – Übergang bei P.2678 – P.2536 – Lai da Rims (2395 m) – P.2406 – P.2117 – P.2018 – P.1947 (ab hier Abfahrt mit dem Bike) analog Bergfahrtsstrecke bis Fuldera
Aufstieg: ca. 1400 m (davon Bike 550 m, Hike 850 m)
Abstieg: ca. 1400 m (davon Hike 850 m, Bike 550 m)
benötigte Zeit inkl. Pausen: 7 Std. 55 Min. (davon Bike-Zufahrt 1 Std. 10 Min., Bike-Abfahrt 35 Min.)
benötigte Zeit ohne Pausen: 5 Std. 25 Min.
Tageszeit: 08:25 bis 16:20 Uhr

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