Gestern im Val Müstair angereist und für eine Woche zuhause, wie immer im Landgasthof Staila in Fuldera. Biken und wandern, das war der Plan. Heute Freitag sollte ein witterungsmässig guter Tag werden, ideal für das Vorhaben, auf den Grenzgipfel Piz Terza zu steigen. Vom Frühstück gestärkt und nicht zu früh, also gegen halb zehn, fuhren wir auf unseren Bikes los in Richtung Ofenpass, um über Palüds Cotschnas dem Il Rom entlang über Orasom Tschierv bis Curtin da Plaz zu gelangen. Dort überquerten wir die Passstrasse, um nach Chasuras hochzufahren. Oberhalb des pyramidenförmigen Hügels Mottas (1749 m) und nahe dem ehemaligen Bienenhaus von Renata Bott wurde unsere Hoffnung erfüllt: prächtige Feuerlilien! Ein Fotohalt war Pflicht. Dem Waldrand des God da Munt entlang befuhren wir die Naturstrasse zur Brücke über die Aua da Laider (im Winter Schlittelweg). Nach der Lichtung Plaun da Müs-chel gewannen wir über zwei Serpentinen etwas Höhe, um nach Verlassen des God Nair das wunderschön gelegene Dörfchen Lü zu erreichen. Etwas unterhalb der Dorfmitte bogen wir nach links weg, um über die Via Urschai hochzufahren. Ein erstes Mal ging der Blick zum teilweise wolkenverhangenen Ortler. Kurz vor Urschai, bei P.2011 befuhren wir die Haarnadelkurve, um erstaunlich mühelos weiter hochzufahren bis zur anderthalb Kilometer weiter oben gelegenen Kurve bei Multa Naira. Auf halber Distanz, beim P.2081, bogen wir also nicht ab, um die Alpgebäude Valmorain und Tablatasch zu erreichen. Bei Multa Naira begrüssten uns weidende Tiere, Berggänger oder Biker trafen wir nicht. Jetzt wurde die Alpstrasse zum Alpweg, aber noch immer gut befahrbar – wir wollten mal sehen, wie weit wir kämen. Bei P.2235 nochmals eine Kurve, ein paar hundert Meter weiter eine letzte Kehre; mittlerweile waren wir auf einer Höhe von ca. 2300 m.ü.M. auf der Alp Valmorain angelangt. Hier trafen wir auf den von der Alp Tablatatsch hochführenden WW; vierhundert Meter weiter, nahe des Bachs Aua da Maini auf Plaun Rassa, unterhalb der neuen bei P.2388 stehenden Hütte, «parkierten» wir unsere Bikes. Was bisher ein ungewohntes Bild abgab (Biker in Wanderoutfit…), machte ab jetzt durchaus Sinn. Nach der Hütte folgte der steile Direktaufstieg ins Valbella, der Aua da Maini entlang. Nach 1.3 km und zweihundert Höhenmeter weiter oben erreichten wir bereits den Übergang Fuorcla Sassalba, resp. die ausgeschilderte Verzweigung in Richtung Tagesziel (50 Min.). Jetzt begann der felsige und steile Aufstieg; der ungewohnte Rhythmus-Wechsel vom Bike zum Wandern machte uns etwas zu schaffen (schwere Beine…). Kam hinzu, dass sich der nur etwas mehr als einen Kilometer entfernte Gipfel zierte – immerhin waren auf kurzer Distanz 300 Hm zu bewältigen. Endlich, das Gipfelkreuz zeigte sich, auf dem Weg dorthin holt man westlich aus. Nach einer Steilstufe war der erste der beiden Gipfel erreicht (weiss-rot-weiss markierter Gipfel, bezeichnet mit Piz Terza 2909 m). Rätselhaft, steht doch der eigentliche Gipfel und das (neue) Gipfelkreuz hundert Meter weiter östlich, noch immer auf CH-Gebiet – was gut zu erkennen ist am etwa vier Meter weiter östlich stehenden Grenzstein Nr. 1. Dennoch trägt der Gipel zwei Namen: Piz Terza und Urtirolaspitz. Den prächtigen Gipfel haben wir übrigens in bester Erinnerung von unserer Schneeschuhtour vom Januar 2020. Die Aussicht ist beeindruckend: toll die Sicht ins Val Müstair und zum Lai da Rims hinüber, zur Alp Astras und ins Val S-charl, zum Nachbar Piz Starlex (3074 m, T5), ins Val d’Avinga hinunter, in den Vinschgau, im Osten war sogar die Weisskugel (Ötztaler Alpen, Distanz ca. 31 km) gut zu erkennen – nur der näher gelegene Ortler verbarg sich (nicht gerade fotogen) in den Wolken. Übrigens: vier Gipfelstürmer trafen wir auch noch. Der schwache Wind und die angenehme Temperatur erlaubten sogar eine ausgiebige Gipfelrast – ein grosser Genuss! Mittlerweile war es halb zwei, Zeit für den Abstieg auf gleicher Aufstiegsstrecke. Nach vierzig Minuten Abstieg Ankunft beim Seelein auf der Fuorcla Sassalba. Jetzt folgte der etwas weniger steile Abstieg zur zweihundert Hm tiefer gelegenen Hütte und zum Bikedepot. Immer wieder richteten wir unsere Blicke hoch zum Himmel, auf Besuch hoffend. Und tatsächlich, hoch über dem Muntet kreiste ein einzelner Bartgeier, etwas weit weg, dennoch ein grosses Ereignis. Beim Bikedepot angekommen, hatten wir etwas Stress – eine Kette war aus dem vorderen Kettenblatt gesprungen und etwas verklemmt: gut dass wir Latexhandschuhe dabei hatten. Die Abfahrt über die bekannte Strecke nach Lü hinunter meisterten wir vorsichtig und ohne Probleme. Auf der Terrasse im Hirschen in Lü genehmigten wir ein Stück Nusstorte. Auch wenn wir keine Eile hatten, mahnten uns erste Tropfen zum Aufbruch; für die Fahrt nach Fuldera hinunter (-290 Hm) nutzten wir die normale Strasse über Lüsai; zehn Minuten später «landeten» wir in Fuldera – glücklich, einen einmaligen Tourentag erlebt zu haben.
Fazit:
Eine tolle Erfahrung, mit dem Bike zum Wanderstartpunkt hochzufahren und so die Tagestour um ca. 730 Auf-/Abstiegsmeter zu verkürzen.
Wetterverhältnisse:
Sonnig, freundliche Schönwetterbewölkung, wenig Wind 7 km/h NO, ca. 13 bis 18° C, am späten Nachmittag wenige (scheue) Tropfen.
Ausrüstung:
e-MTB, Wanderausrüstung, Stöcke, Kartenmaterial SchweizMobil, GPS
Parameter:
Tour-Datum: 28.07.2023
Schwierigkeit: T2-3, Bike: Gut fahrbar, mit technischen Abschnitten (Wurzeln, Steine, enge Kurven, steile Up- und Downhills).
Strecke: 27 km (Bike 21.4 km, Hike 5.6 km), Fuldera (1636 m) – Fuldera Daint (1635 m) – Orasom Tschierv (1648 m) – Curtin da Plaz (1660 m) – Chasuras (1689 m) – P.1761 (Aua da Laider) – P.1847 – P.1898 – Lü (1916 m) – Urschai P.2011 – Multa Naira – P.2235 – P.2276 – Alp Valmorain (ca. 2350 m), Bikedepot – P.2388 – Valbella, Aua da Maini – Fuorcla Sassalba, Verzweigung P.2600 m – Piz Terza/Urtirolaspitz (2908 m) – Abstieg bis Bikedepot wie Aufstieg – Abfahrt nach Lü wie Bergfahrt – Lüsai (1744 m) – Stabels (1654 m) – Furom (1604 m) – Fuldera
Aufstieg: ca. 1276 m (davon Bike 726 m, Hike 550 m)
Abstieg: ca. 1295 m (davon Hike 550 m, Bike 745 m)
benötigte Zeit inkl. Pausen: 6 Std. 50 Min.
benötigte Zeit ohne Pausen: 5 Std. 25 Min. (davon Bike-Zufahrt/-Abfahrt
1 Std. 50 Min., Gipfelzustieg/-abstieg 2 Std. 40 Min.)
Tageszeit: 09:25 bis 16:15 Uhr