Wasserbergfirst 2340 m – eindrückliche Spätnachmittags-Tour

Marcel und Nicole sind «schuld» – Ihr toller Bericht hat uns motiviert! Also nichts wie los! Heute Dienstag sollte angeblich der letzte Altweibersommertag sein. Noch um 12 Uhr zuhause, aber zwischendurch mit dem Hintergedanken, diese wohl letzte Gelegenheit vor dem Wetterwechsel zu nutzen, suchte ich nach Möglichkeiten und Ideen. Einer ersten Idee, den Grossen Mythen zu machen, widerstanden wir glücklicherweise, und plötzlich geriet der Hausberg Muotathals, der Wasserbergfirst (2340 m) in unser Blickfeld. Eine Spätnachmittagstour sollte es sein, und die Anfahrtszeit sollte maximal ein Stunde betragen. Und bei diesen Verhältnissen einen Sonnenuntergang auf einem Gipfel zu erleben, war Verlockung pur. Also packten wir schnell (die Stirnlampen nicht vergessend!), und wir kamen kurz vor 15 Uhr an im Grund (Liplisbüel), wo auf dem Parkplatz direkt beim Fahrverbot lediglich drei Autos standen. Start direkt beim Parkplatz zickzack aufsteigend, die ersten Hm durch Wald und auf Wurzelwegen, dann auf ca. 1400 m unter einem Felsabbruch querend, wurde es zunehmend steiler. Das bemerkten wir allerdings kaum, weil uns die kurzweiligen und ständig wechselnden Ausblicke und die wunderbaren Farbstimmungen ständig ablenkten. Doris legte ein ungewohnt forsches Tempo vor – wohl in der Meinung, dass wir vor Sonnenuntergang den Gipfel erreichen sollten. Immerhin: fast 1100 Aufstiegsmeter standen an. Auf unschwierigen aber doch steilen Alppfaden erreichten wir nach ca. 75 Minuten die bereits verlassene Alp Zingel (1793 m). Weiter ging es nun auf einem unangenehmen Schotterweg bis auf eine Höhe von ca. 1900 m, immer begleitet von angenehmer Wärme bei wolkenlosem Himmel. Immer wieder stehen wir ein paar Minuten still, um die absolut einmalige Bergsicht «hineinzuziehen». Jetzt bewältigten wir eine Stelle, die Aufmerksamkeit erforderte – ein nicht gerade vertrauenserweckendes Fixseil lag neben dem Weg. Ein kurzer Aufstieg durch eine Felsscharte, und schon standen wir auf der Alp Obere Träsmeren (1986 m). Kurz dahinter weist uns ein Gelber den Weg zum Ziel – dessen Gipfelkreuz wir schon längere Zeit sehen. Für diese 350 Hm ist die Vorgabe 50 Minuten – was wir locker schafften. Aber ohalätz: die Neigung für diese letzten 1200 m Strecke über den Sunnigen First war respektabel (um 30°). Kommt hinzu, dass der Gipfelanstieg deutlich ruppiger wurde und im T3-Bereich anzusiedeln ist. Auf diesen felsige Steilstufen waren grosse Tritte und 4×4 erforderlich – Trittsicherheit und Schwindelfreiheit vorausgesetzt. Das sehr schöne und grosse Kreuz kam schnell näher, und – absolute Spitze: urplötzlich standen wir auf dem schmalen, leicht ausgesetzten Grat. Der Blick hinunter auf die Alp Wasserberg und ins Tal der Muota war spektakulär, so wie auch das 360 Grad-Panorama – einfach phänomenal! Wir konnten uns kaum satt sehen, rundherum Gipfel im Licht der tiefstehenden Sonne (mittlerweile war es halb sechs Uhr). Absolute Windstille, noch immer angenehme 15 Grad (geschätzt), und: was jetzt kam, war der Hammer: aus Richtung S (in etwa über dem Seestock 2429 m) erblickten wir ein direkt auf uns zufliegendes Flugzeug (siehe Bild). Der Pilot muss uns gesehen haben (das Bild beweist es). Fast im Sturzflug peilte er «unseren» Gipfel an, um die Maschine kurz vor uns fast senkrecht hochzuziehen und dabei eine vollständige Seitwärts-Rolle zu zeigen – wir haben diese Aktion eindeutig als Gruss gewertet – sozusagen wortlose Kommunikation. Dem Piloten (bestimmt ein Könner!) ein herzliches Dankeschön für die private Flugshow. Nach einer viertelstündigen Gipfelrast mussten wir an den Abstieg denken. Gleiche Route, bei immer tiefer stehender Sonne – einmalig schön. Unterhalb der Alp Obere Träsmeren galt unsere volle Aufmerksamkeit der bereits beschriebenen felsigen Scharte. Von hier aus waren die von den letzten Sonnenstrahlen beschienenen Gipfel Ful Firstli (2038 m) und Firsthöreli (2129 m) von besonders stimmungsvoller Schönheit. Bald erreichten wir wieder die Alp Zingel. Die Sonne hatte sich mittlerweile „abgemeldet (hinter dem Chaiserstock 2515 m). Wir beschlossen trotz der jetzt schnell hereinbrechenden Dämmerung nicht den Rückweg über die Alpstrasse zu nehmen, sondern den Abstieg über die Aufstiegsroute – im Wissen darum, dass wir dafür «nur» gut eine Stunde bräuchten. Und schliesslich war für gute Sicht vorgesorgt. Allerdings: hier waren Stöcke und Stirnlampe unentbehrlich, vor allem an den wenigen nunmehr bereits feuchten und steilen Stellen und im letzten Waldstück, wo es vollständig dunkel war. Die Leute von der Käserei auf Liplisbüel werden sich ihre Gedanken gemacht haben – falls sie unser Licht wahrgenommen haben.

Überhaupt: dass wir eine solch stimmungsvolle Sonnenuntergangs-Tour erleben durften, hatten wir nicht erwartet. Ich erinnere mich, Doris um die  Mittagszeit gefragt zu haben, ob sie spontan für eine spezielle, auf jeden Fall stimmungsvolle Tour zu haben sei (und sie hat sofort eingewilligt); zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht einschätzen, welch wundervolles Erlebnis vor uns lag. Und auch das realisieren wir erst jetzt nach erfolgter Analyse: fast 1100 Aufstiegsmeter über eine Strecke von 3 km in 2 1/4 Stunden – schliesslich sind wir beide nicht mehr die jüngsten. Etwas nach 20 Uhr in Muotathal angekommen, belohnten wir uns im historischen und wunderschönen Gasthaus Hirschen mit einem leckeren Rehschnitzel-Teller.

Ausrüstung:
Wanderschuhe, Stöcke, GPS-Maschine

Parameter:
Tourdatum: 4. Oktober 2011
Schwierigkeit: T3+
Anreise: PW aus dem Zürioberland – Rapperswil SG Seedamm – Sattel SZ – Schwyz – Muotathal SZ (Ortsdurchfahrt, kurz vor der Muota-Brücke rechts abbiegen (Liplisbüelstrasse) und über die schmale Strasse hoch Grund-Liplisbüel bis zum Fahrverbot

Strecke: 7.4 km, Grund-Liplisbüel (P beim Fahrverbot)-Stägenplänggeli – Alp Zingel (1793 m) – Obere Träsmeren (1986 m) – Im Sunnigen First – Wasserbergfirst (2340 m)
Aufstieg: ca. 1100 m
Abstieg: ca. 1100 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 4 Std. 50 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 3 Std.
Tageszeit: 15:00 bis 19:50 Uhr

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