Oberengadin 4ǀ4: Alp Munt da la Bês-cha (2243 m) ab Celerina

Unsere zweite Tour in dieser Woche mit dem sympathischen Ruedi Wiesner, heute in Begleitung von Wanderleiter-Aspirant Guido Demont. Mit dabei: Margrit, Doris, Walter (81!) und Ruedi. Auch wenn die technischen Daten eine eher kurze Tour vermuten liessen, wurde rasch klar: ein Spaziergang würde es nicht werden. Südhang, Querung eines kritischen Lawinenzuges, Respektierung der Wildruhezone, Steilstufen im meterhohen Schnee, oberhalb der Baumgrenze Triebschnee, und alles im unverspurten, weglosen Gelände. Aber wir hatten ja zwei Superspurer dabei. Bereits beim Start in Celerina entledigten wir uns der ersten Schicht. Der erste Aufstiegsabschnitt hoch zur Via Engiadina führte durch besten Pulverschnee; auch der letzte in der Kolonne durfte noch im Tiefschnee wühlen. So erreichten wir auf diesen ersten 200 Hm – die Sonne im Rücken – rasch Betriebstemperatur. Die schmale Abfahrtspiste erreicht, liefen wir auf dieser eine etwa 300 m kurze Strecke vorsichtig hoch, um nach einer Rechtskurve auf eine tief eingeschneite, kaum erkennbare Forststrasse abzubiegen; wir befanden uns hier in der Wildruhezone, welche es zu respektieren galt. Jetzt entlang des Laviner da Munt hoch, bis dieser Lawinenzug im oberen Bereich an einer geeigneten Stelle vorsichtig überquert werden konnte – einzeln und immer Abstand einhaltend. Eine Anmerkung: die ursprüngliche Idee unserer ortskundigen Führer, den Lawinenzug ab dem Sommerwanderweg der Via Engiadina mittels östlich verlaufendem (anspruchsvollem) Direktaufstieg durch den God suot Munt zu meiden, war bestimmt richtig. Nun stiegen wir weiter in nordöstlicher Richtung im lichten God Clavadatsch sehr steil auf, unsere Steighilfen boten hier gute Unterstützung. Nach etwa 700 m erreichten wir offenes Gelände, leicht ab- und dann wieder aufsteigend über eine wunderschöne Lichtung, und schon war die Alphütte Clavadatsch erreicht. Gelegenheit für eine erste Trink- und Verschnaufpause – und das bei spektakulärer Aussicht zu den umliegenden Gipfeln und vor allem ins Val Bernina. Was jetzt folgte, waren «nur noch» 170 Hm Aufstieg in allerdings steilstem, weglosem Gelände (30 bis 45°). Ruedi und Guido waren sich einig, den Steilhang nicht im halboffenen und folglich exponierteren Gelände, sondern im geschützteren Waldbereich, zu wagen. Ich habe beobachtet, dass wir in diesem Bereich maximal 10 Tritte pro Minute machen konnten. Immer wieder grössere Sicherheitsabstände einhaltend, erreichten wir schliesslich die Waldgrenze im oberen Teil des God Clavadatsch. Jetzt folgte der Schlussaufstieg über ca. 400 m, die Hütte Alp Munt da la Bês-cha im Blickfeld. Auf diesem Abschnitt hielten wir nicht zu weit hoch (rechts über uns der Piz Padella), weil es galt, die Triebschneefelder zu meiden – der Schnee hier oben teilweise etwas überdeckelt, aber eben nicht tragend. Gegen 14 Uhr erreichten wir die tief unter Schnee und sonnig gelegene Alphütte. Klar, dass wir hier oben eine ausgedehnte (dreiviertelstündige) «Gipfelrast» abhielten – und die tolle Aussicht genossen. Und sogar ein Bartgeier auf dem Vorbeiflug überraschte uns. Dem Aufruf Guidos folgend, traten wir den Abstieg an auf der uns bekannten Strecke. Vorsichtige Querungen und über steile Tritte erreichten wir rasch wieder die Alphütte Clavadatsch. Kurz vor der Hütte präsentierte uns Guido im Steilhang ein eindrückliches Schneeprofil (unten der Altschnee, darüber etwa 70 cm Neuschnee, und dazwischen eine heikle, nicht verbindende Zwischenschicht aus grobkörnigem, kristallinem Schnee). Jetzt auf unserer Aufstiegsspur über die Lichtung und durch den God Clavadatsch hinunter. Mit dem nötigen Respekt die Querung des nun im Schatten liegenden Lawinenzugs (welcher nach Aussagen unserer Führer regelmässig ein- bis zweimal pro Winter «aufgefüllt» werde). Im obersten Teil der Laviner da Munt glaubten wir auch Anrisse zu erkennen… Auf der nach Samedan hinunterführende Skipiste einige Meter laufend, erreichten wir unsere Aufstiegsspur wieder. Über nun offenes Gelände tänzelte jede(r) nach Belieben hinunter zum Ausgangspunkt. Am Ausgangspunkt unserer Tour dann der Abschied in den letzten Sonnenstrahlen – ein anspruchsvoller Wintertag wird uns in bester Erinnerung bleiben.

Fazit:
Ein wunderbarer Hochwintertag bei fast schon frühlingshaften Bedingungen am Südhang des Piz Padella, dem Hausberg Samedans. Und betr. Lawinengefahr: falls die Beschreibungen den Eindruck erhöhter Risiken und Gefahren vermitteln, trifft dies nicht zu; vielmehr wurde uns von Ruedi und Guido viel praktisches und auch lehrbuchmässiges Wissen vermittelt. Euch beiden ein herzliches Dankeschön!

Wetterverhältnisse:
Viel Schnee (mind. 1 m), Pulver, über der Waldgrenze meist windgepresst, ungetrübter Sonnenschein, relativ milde Temperaturen (-5° bis 0°), windstill.

Lawinengefahr:
Laut SLF wie folgt: Stufe 2 mässig, Gefahrenbeschrieb: in der Schneedecke sind kantig aufgebaute Schwachschichten vorhanden. Stellenweise können Lawinen im Altschnee ausgelöst werden und gefährlich gross werden. Die Gefahrenstellen liegen vor allem an wenig befahrenen, eher schneearmen Hängen sowie im Bereich der Waldgrenze. Mit der tageszeitlichen Erwärmung und der Sonneneinstrahlung steigt die Auslösebereitschaft von Schneebrettlawinen vor allem an sehr steilen Sonnenhängen unterhalb von rund 3000 m an. Skitouren, Variantenabfahrten und Schneeschuhwanderungen erfordern eine vorsichtige Routenwahl. Es sind weiterhin Gleitschneelawinen zu erwarten, auch grosse. Dies vor allem an sehr steilen Sonnenhängen unterhalb von rund 2400 m. Vorsicht in Hängen mit Gleitschneerissen.

Hilfsmittel:
Schneeschuhe, Stöcke, LVS, Sonde, Schaufel, GPS

Parameter:
Tour-Datum:
14. Februar 2019
Schwierigkeit: WT2 (aufgrund der Verhältnisse streckenweise WT3)
Strecke: 8.2 km, Start östlich des RhB-Bahnhofs Celerina (ca. 1718 m) – Funtanella – Via Engiadina (im Winter Verbindungspiste Alpin) – Laviner da Munt – God Clavadatsch – Alp Clavadatsch (2080 m) – sehr steil, bis über die Baumgrenze – Alp Munt da la Bês-cha (2243 m) – Abstieg auf gleicher Strecke
Aufstieg: ca. 560 m
Abstieg: ca. -560 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 5 Std. 40 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 3 Std.
Tageszeit: 10:30 bis 16:10 Uhr