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Ländle-Klassiker: über den Fürstensteig zu den Drei Schwestern

Diese Tour stand schon länger auf unserer Projektliste. Von den vielen HIKR-Berichten liessen wir uns dazu motivieren. Da das Wetter stimmen würde (mehrheitlich sonnig, leichte Bewölkung, mit ca. 25° nicht zu heiss), war heute der richtige Zeitpunkt – die durch die Bewölkung etwas getrübte Fernsicht störte nicht weiter, bot doch der Weg ausreichend Spektakel. Im Zentrum Vaduz (Post) bestiegen wir den Liechtenstein Bus 21/22 (Abfahrt 07:42), der uns über Triesenberg nach Gaflei hochbrachte, Ankunft Endstation beim Parkplatz Gaflei (1483 m) um 08:09.

Start also um 08:15 Uhr, der Weg ist gut markiert (Wegweiser „Fürstensteig“) und führt in einigen Kehren durch den Brünstawald (angenehm kühl!) hoch bis zum Einstiegspunkt auf den Fürstensteig. Gleich zu Beginn machte uns eine Warntafel auf die Steinschlaggefahr aufmerksam – zu Recht, wie wir später feststellten. Der Fürstensteig führt über teilweise sehr schmale und recht ausgesetzte Pfade durch Felsbänder unterhalb des Alpspitzes und endet nach ca. 1.6 km beim Gafleisattel (1853 m). Alle kritischen Stellen sind drahtseil-gesichert, was vor allem auf den feucht-glitschigen Holzstegen zusätzliche Sicherheit bietet. Auch wenn der Steig an zwei Stellen in Geröllrinnen weggerutscht resp. verschüttet war, ist er bestens unterhalten. An den erwähnten Stellen ist besondere Vorsicht geboten (trittsicher und schwindelfrei sollte man schon sein); trotzdem ist rasches passieren von Vorteil. Jedenfalls hörten wir kurz vor Erreichen des Gafleisattels tosenden Steinschlag. Zum Glück ist niemand zu Schaden gekommen, wie uns eine junge nachkommende Frau bestätigte. Vom Gafleisattel geht der Blick nach Norden auf den gut einsehbaren weiteren Verlauf der Strecke, Gafleichöpfli, Gafleispitz, Kuegrat, Garsellikopf, und in ca. 3.5 km Distanz die Drei Schwestern.

Einem leichten Abstieg folgt der Aufstieg in Richtung Gafleispitz – rechts (östlich) unter uns die Geröllhalden Garsälli und Rufana und die Schlucht der Samina. Auf gutem Weg und vorbei an vielen Enzianen erreichten wir die Krete unter dem Gafleispitz, wo wir vorerst nach SW abzweigen und der Spur durch die Legföhren folgen um den ersten Gipfel des Tages, das Gafleichöpfli (1983 m) zu besuchen. Kurzer Abstieg auf gleichem Pfad zurück, dann weiter auf dem Grat, vorbei am Gafleispitz (2000 m), mittlerweile befanden wir uns auf der Landesgrenze LI/A. Jetzt folgte der steile Aufstieg zum Kuegrat, mit 2123 m die höchste Erhebung unserer heutigen Tour. Auf dem Gipfel verweilten wir nur kurz; der ein paar hundert Meter benachbarte Garsellikopf und die für uns nicht erreichbaren Garsellitürm beeindruckten uns. Wie sollten wir dort nur hochkommen? Doch erst einmal galt es auf gerölligem Fels steil abzusteigen und zum Gipfelaufbau des Garsellikopfs zu queren. Mit zunehmender Nähe erschien uns der Aufstieg weniger heftig, als angenommen. Über hohe (betonierte) Stufen erfolgte der sehr steile Felsaufstieg – fast durchgehend mit Fixseilen gesichert (T4). Weil der Fels trocken war, benötigten wir die Hilfen nur sporadisch – ohne Seilunterstützung waren die Kletterstellen I oder II. Bei Nässe und Eis oder Schnee könnte der Aufstieg gefährlicher sein. Auf diesem Gipfel verweilten wir etwas länger; weil wir alleine waren, nutzten wir die Gelegenheit für eine ausgiebige Gipfelrast.

Nun erfolgte der steile und felsig-geröllige Abstieg zum hundert Meter weiter unten liegenden P. 2000; bei der Verzweigung führt eine Wegspur hinunter zur Garsellaalpe, von wo die Drei Schwestern östlich umgangen werden können. Wir verblieben auf der Höhe, um auf guter Spur zu den spektakulär vor uns stehenden Drei Schwestern zu „spazieren“. Vor uns die letzte Herausforderung – die Grosse Schwester! Die Spur über den Drei Schwestern-Steig führte uns unweigerlich zum Einstieg in die gfürchig steile Wand; die wbw-Markierung und einige Fixseile zeigten uns, wo es lang ging. Und wieder einmal machten wir die gute Erfahrung, dass sich die abweisende Wirkung solcher Gipfelaufbauten dann stark relativieren, wenn man sich ihnen nähert. Jedenfalls bereitete uns der Aufstieg durch die Felswand richtig Spass – die Fixseile benötigten wir meist nur als „Wegweiser“, weil der Fels schön griffig und trocken war (T4, I-II). Steil, aber nie wirklich ausgesetzt! Oben angekommen, beeindruckte die tolle Aussicht – der Gipfel selbst hat nicht mal ein Gipfelkreuz, ein Gipfelbuch gibt es auch nicht, lediglich eine einbetonierte Markierung mit der Zahl 1955. Die grosse der drei Schwestern überragt mit 2052 m die beiden anderen Schwestern (Mittlere Schwester/Vollandturm 2048 m, Kleine Schwester/Jahnturm 2034 m), welche wohl nur seilgesichert kletternd erreichbar sind.  Auch dieser Gipfel gehörte uns alleine, also genossen wir die ausgedehnte Gipfelrast.

Und wenn vorhin von der „letzten Herausforderung“ des heutigen Tages geschrieben steht: der Abstieg gehörte definitiv auch dazu! Der noch immer „Drei Schwestern-Steig“ benannte Abstieg verläuft auf der Nordseite in Richtung Sarojasattel. Der oberste Teil ist weitgehend fixseil-gesichert; er verläuft die beiden kleineren Schwestern auf einem Felsband unterquerend. An zwei Stellen sind ein paar Höhenmetern über Leitern abzusteigen; nach der zweiten dann eine letzte seilgesicherte Abstiegsstufe durch das Felsenfenster. Der weitere Abstieg dann über Serpentinen, steil und feucht-glitschig. Kurz vor dem Sarojasattel (1628 m), der nicht zu verfehlen ist, erreichten wir den Wanderweg. Auf diesem dann steil und weiterhin feucht-glitschig hinunter zur 200 Meter tiefer liegenden Gafadura Hütte LAV. Mit Kafi und Kuchen gestärkt nahmen wir den Weiterabstieg von ca. 700 Hm nach Planken in Angriff. Ab und zu nutzten wir die wrw-markierte Abkürzung, die nicht asphaltierte Fahrstrasse gefiel uns allerdings besser – weil weniger steil und deshalb knieschonender. Beim Schulhaus Planken erreichten wir dann (endlich) die Bushaltestelle, wo wir uns ermattet noch für eine halbe Stunde in den Schatten eines Baumes in die Wiese legen durften. Die fast 1600 Abstiegsmeter dieser nicht kurzen Tour zeigten Wirkung! Der Liechtenstein Bus 26 bis Schaan und ab dort 11 bis Vaduz fährt täglich und stündlich, für uns 16:42 Uhr.

Fazit:
Wer auf der Busfahrt von Schaan nach Vaduz das mehr als 1700 Meter höher thronende felsige Massiv von unten sieht, kann den unglaublichen Verlauf des Fürstensteigs nur erahnen – zu sehen ist nichts davon. Von unten wirkt der Berg absolut abweisend. Ein umso schöneres Gefühl kommt auf, es geschafft zu haben. Ein wundervoller Tag im Ländle war das!

Bemerkung:
Die Strecke ist durchgehend anforderungsreich, erfordert Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Feste Bergschuhe sind unserer Ansicht nach Voraussetzung.

Parameter:
Tour-Datum: 1. Juli 2016
Schwierigkeit: T4, I-II (UIAA-Skala) ohne Seilunterstützung
Strecke: 14.584 km:  Gaflei (Bushalt beim Parkplatz) – Fürstensteig – Gafleisattel – Gafleichöpfli – Kuegrat – Garsellikopf – Grosse Schwester – Prafazei  – Sarojasattel – Gafadura Hütte LAV – Planken (Bushalt Post)
Aufstieg: ca. 909m
Abstieg: ca. -1574m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 8 Std. 05 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen 5 Std. 12 Min.
GPS-Maschine: Garmin Montana 600, Topo Schweiz V.4 (im Bereich des Fürstensteigs musste der Track etwas nachgebessert werden, weil die Aufzeichnung wegen Abschattung teilweise aussetzte)

Kamera:
Nikon Coolpix P900 (Bridgekamera)