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Fläscherberg – Regitzer Spitz 1135 m über die Leitern

Aus der gemeinsamen Piz Beverin-Tour wurde leider nichts wegen des gestrigen Schneefalls. Aber diese (Ersatz-)Tour geht immer! Fast auf den Tag genau vor vier Jahren war es heute wieder einmal angesagt, diese sehr abwechslungsreiche und spannende Tour zu unternehmen – zusammen mit Mägi und Roli. Kurz vor zehn Uhr starteten wir vom Parkplatz am Dorfrand auf einen gemütlichen Spaziergang durch das schöne Weindorf Fläsch. Die Weinlese war in vollem Gang. Heute wählten wir die Strecke unmittelbar unterhalb Ober Wingert – Unter WingertBadguetRheinau, ca. 2.5 km auf geteerter Strasse – halt nicht gerade die ideale Unterlage. Alternativ möglich wäre der Aufstieg ab Unter Wingert durch den Neuwald hoch zum Lidisgang; wir blieben im Tal und wollten unbedingt über die Leitern aufsteigen. Alte Bäume und Sträucher in der Rheinau – welch ein Augen- und Ohrenschmaus in dieser Jahreszeit! 300 m vor P.489 wurden wir weissrotweiss markiert rechts gewiesen (Richtung Mozentobel, Elltal), mit dem Warnschild «Steinschlag». Nach 120 Aufstiegsmetern erreichten wir das enge und beeindruckende Mozentobel. Trotz der gestrigen Niederschläge war das Tobel heute gut zu queren – dort zu verweilen ist aber trotzdem keine gute Idee. Einige Meter oberhalb nochmals der Blick hinunter auf die nicht harmlose Tobelquerung und den darüber ragenden Ellstein. In ein paar Kehren stiegen wir weiter auf, bis das saftiggrüne Elltal erreicht war, begrüsst von vielen Herbstzeitlosen. Diesmal entscheiden wir uns für den kurzen «Umweg» in Richtung Nord durch das Elltal um den von Mäls/Balzers herkommenden Wanderweg zu erreichen. Die Direttissima über die sehr steile Grashalde reizte uns heute nicht (mehr). Über diesen Umweg oben angelangt, war der Hinunterblick noch immer ausreichend spektakulär. Der im Wald verlaufende Pfad, der direkt unter der Felswand der Lida quert, war gut zu begehen. Dort, wo ein vom Neuwald heraufführender Aufstiegspfad erreicht wird, wurden wir auf den Leiterliweg gewiesen. Steiler, felsiger und enger werdend, erreichten wir die bekannte prähistorisch Festungsanlage – die selbstverständlich besichtigt werden musste. Wenige Schritte weiter dann die erste von zwei Leitern, welche über eine fixseilgesicherte Querung erreicht wurde (laut SAC-Führer T4). Bei diesen trockenen Verhältnissen ein ausgesprochenes Vergnügen! Nach einigen nicht ganz trivialen Felstritten (Schwindelfreie sind im Vorteil) dann auch die Nische mit dem Wandbuch, welches geschützt in einer Gamelle bereit lag. Nach dem Eintrag eine weitere fixseil-gesicherte Querung hoch zur zweiten Leiter – ein kurzer, sehr gefälliger, eher leichter Klettersteig, dank dem die ca. 50 m hohe Felsmauer überwunden wird. Beim Ausstieg auf Lida dann der Blick zum Regitzer Spitz (und zur bekannten, sehr schräg stehenden Stütze der Hochspannungsleitung). Die Weidefläche überquerend, erreichten wir ostseitig den Lidisgang, wo der alternative Aufstieg vom Neuwald her mündet. Hier fanden wir am Eingang einer kleinen Höhle eine windgeschützte Stelle, um zu rasten. Diesmal strebten wir die Guschaspitze (1103 m) im direkten und weglosen, steilen Aufstiegsgelände entlang der Abbruchkante an. Zugegeben: schon etwas grenzwertig, weil rutschig! Die Spitze selbst besuchten wir nicht, weil diese mit Stacheldraht «gesichert» war. Dieser Spitz verfügt bestimmt über einen «Innenausbau» – jedenfalls hat es einige Eingänge. Kurzer Abstieg entlang der Abbruchkante, verbunden mit spektakulären Tiefblicken auf die ca. 600 m unter uns liegende Rhein- und Weinlandschaft der Bündner Herrschaft, links das teilweise bewölkte Massiv des Falknis und dessen Nachbargipfeln. Nach einem kurzen Wiederaufstieg war der Regitzer Spitz erreicht. Auf diesem grossen Balkon genossen wir die Windstille, die Sonne (Siesta 🌞 für Mägi) und den formidablen Fern- und Tiefblick. Der Abstieg führte anfänglich über steile Kehren und später zum Fahrweg – welcher wohl der Versorgung der militärischen Anlagen St. Luzisteig dient. Bald war auch die Alp Vorder Ochsenberg erreicht, wo wir die Fahrstrasse nach Süden verliessen. Den steilen Schnielskopf mit der markanten Abbruchstelle liessen wir links stehen; am südlichen Ende der Alp der Einstieg zum steilen Abstieg über das Tirlis-Tobel nach Fläsch (ca. 340 Hm). Der nach einem Felssturz neu angelegte Abstiegsweg weicht dem Felssturzgebiet geschickt aus – der alte und durch einen Felssturz zerstörte Pfad ist gesperrt. Wir erinnerten uns: am 15. Oktober 2013 donnerten ca. 100 Kubikmeter Fels vom Schnielskopf herunter. Die Gesteinsmassen schlugen eine Schneise von rund 80 Metern und rissen viele Bäume mit. Daraufhin wurde der durch das Gebiet führende Wanderweg zerstört und gesperrt. Auch für die neue Wegführung gilt die Warnung vor Steinschlag! In einigen Kurven stehen Bänke an besonders aussichtsreichen Stellen. Alles gut gegangen: im Quartier Plutt, dem obersten Dorfteil von Fläsch, fühlten wir uns wieder sicherer. Ein paar hundert Meter noch bis zum P – doch halt: Einkehr zum uns bekannten Landhaus, welches soeben öffnete. Von den sehr gastfreundlichen Wirtsleuten Theresa und Ignaz bestens bewirtet, genossen wir einen kulinarischen Abschluss unseres heute wirklich gemütlichen Tourentags.

Fazit:
Ein genussvoller Wandertag mit Mägi und Roli war das!

Wetterverhältnisse:
Herrliches Herbstwetter, trockene Witterung bei ca. 08 bis 12°, an exponierten Stellen mässige Bise

Hilfsmittel:
Wanderschuhe, GPS-Maschine

Parameter:
Tourdatum: 03. Oktober 2019
Schwierigkeit: T3 (Leiterli T4)
Strecke: 12 km, Fläsch (Parkplatz am südlichen Ortsrand) – Ortszentrum – Ober Wingert – Unter Wingert – Badguet – Rheinau – Mozentobel – Elltal – Leiterli – Lida – Lidisgang – Guschaspitz – Regitzer Spitz – Vorder Ochsenberg – Türlis – Fläsch
Aufstieg: ca. 770 m
Abstieg: ca. -750 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 7 Std. 40 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen: 3 Std. 50 Min.

Sarner Scharte (2468 m) und Villandersberg (2509 m)

Auf der Reise in die Toscana schalteten wir wie oft einige Wandertage im Südtirol ein – diesmal im uns völlig unbekannten, aber bemerkenswert schönen Sarntal. Die Besteigung des oberhalb Sarnthein, des Hauptorts des Sarntals, etwas abweisend stehenden Hausbergs der Sarner, die Scharner Scharte war unser heutiges Ziel; klar, dass wir nach dessen Überschreitung auch noch den wenige Meter höheren Nachbargipfel Villandersberg «mitnehmen» wollten. Knackpunkt der Tour war dann allerdings der Steig ab P.2401; über eine Strecke von ca. 800 m waren knapp 200 Hm abzusteigen – zwar mit Fixseilen «gesichert», aber dennoch knackig eben…

Doch der Reihe nach: ab unserem temporären Domizil in Unter-Reinswald dauerte die 16 km lange Fahrt über Santhein und dann über eine schmale Bergstrasse hoch zum beim Riedlerhof angelegten Wanderparkplatz etwa eine halbe Stunde. Ein gebührenfreier P – wo gibt’s denn sowas (noch). Bei bestem Wanderwetter zogen wir los in Richtung des aus dieser Sicht abweisenden massigen Felsbrockens namens Sarner Scharte – dessen Gipfelkreuz in 2 km Luftlinie entfernt gut zu sehen war. Rechts (also südlich davon) das etwa 80 m tiefer liegende Schartl, wo auch das Sarner Scharten-Biwak steht – dort hinauf soll’s gehen! Wir wählten die markierte Strecke Nr. 3, über welche nach wenigen Minuten der schön gelegene, ab Mittag geöffnete Almschank Tengler erreicht wird. An diesem vorbei begann es nun im Kalkwald anzusteigen. Nahe Riedler Pill (Riedlerbild) noch im Wald, hielten wir nach rechts weiterhin auf WW Nr. 3, nun bei freier Sicht durch die Latschen (so nennt man hier die Legföhren). Unter der Südostwand der Sarner Scharte machten sich ein paar Kletterer bereit; diesen Punkt (Brunnleit Brünnl) erreicht man auch über WW Nr. 3A ab Almschank Waldrast. Jetzt für die verbleibenden 240 Aufstiegsmeter in Serpentinen hoch bis zum sichtbaren Biwak durch blockiges Gelände und steiler werdend, nicht ausgesetzt (T2), aber schweisstreibend. Hier oben erwarteten wir einen ersten Blick zu den Dolomiten; diese versteckten sich aber diskret in den Wolken. Bis zum 80 m höher stehenden Gipfel Sarner Scharte (2468 m) dann noch zehn Minuten. Hier oben ein (trotz Wolken) sehr schönes Rundum-Panorama. Nördlich steil abfallende Felsen, auf dem weitläufigen Gipfelgelände alpig, südlich die Plattenalm mit einigen Seelein (Königslacken), und 1.2 km nordöstlich der Nachbar Villandersberg (2509 m). In 5 km Entfernung das Rittner Horn (2261 m), zu erkennen an der Antennenanlage. Ab und zu lichteten sich die Wolken, und damit der Blick zu den Dolomiten (z. B. Rosengartenspitze, 22 km entfernt). Nach der Gipfelrast der kurze Abstieg zum P.2401 (Einstiegstelle Steig), und dann der Aufstieg (20 Min.) zum hundert Meter höheren Villandersberg. Hier oben weitete sich der Blick, unter uns Reinswald mit seinem Ski- und Wandergebiet, und das Durnholzer Tal. In 9 km Entfernung ein mögliches Gipfelziel für morgen, die Hohe Scheibe (2563 m), im Gebiet des Penser Jochs (dem Übergang vom Sarntal nach Sterzing und zur Brennerautobahn). Nach dem Gipfelfoto der kurze Abstieg zurück zur Einstiegstelle des Steigs. «Gesicherter Steig» steht hier geschrieben, und sicherheitshalber ein Eisentor mit dem Hinweis «Bitte schliessen», was uns nicht abschreckte. Der Beginn war harmlos, zwar steil, aber mit einem fixen Drahtseil gut gesichert. Im weiteren Verlauf dann sehr steil werdend, mit vielen Kletterstellen und einigen unbefestigten Übergängen, die wohl besser im Auf- als im Abstieg gemeistert würden. Aber jetzt, wo wir schon mal da waren, ging’s halt nur noch runter – und wie! Die Absturzgefahr hielt sich zwar in Grenzen, mehr Respekt hatten wir vor Steinschlag. Und Runterschauen muss man schon können… Jedenfalls waren wir glücklich, den doch recht langen Steig (T4, II-er Kletterstellen) gut gemeistert zu haben. Unten dann noch eine lange Querung durch eine steinschlägige Halde – Ruedi zuerst, dann in ausreichendem Abstand Doris. Nach dem Blick zurück nach oben fragten wir uns, wo wir wohl abgestiegen waren. Vor uns jetzt der weitere Abstieg durch Latschenwald, mehr oder weniger steil hinunter bis P.1989 (Hinteren Herrn). Ab hier immer gut markiert weiter über Alpgelände – in Erwartung der wohl bald auftauchenden Almschank Waldrast. Eine erste direkte Abbiegung (WW Nr. 18A) verpassten wir wohl😒, in einem weiten Bogen über WW Nr. 3A erreichten wir diese schön gelegene Jausenstation dennoch. Welche Erlösung dann beim verdienten Radler! Viele wattenden Gäste hier (Samstag ist’s). Nach diesem erholsamen Stopp der weitere Abstieg über WW Nr. 18A, vorbei an einem schönen Seelein, und nach einer halben Stunde war der Hallerhof erreicht, und wenige Minuten später auch der Ausgangspunkt unserer Bergwanderung.

Fazit:
Eine lange und teilweise überraschende Tour in oft heiklem Gelände (Steinschlaggefahr), eine tolle Überschreitung des Hausbergs der Sarner, die uns ausgezeichnet gefallen hat. Allerdings: ein nächstes Mal würden wir die Tour in umgekehrtem Ablauf machen, weil der Steig im Aufstieg bestimmt einfacher zu bewältigen ist.

Wetterverhältnisse:
Sonnig, freundliche Witterung bei ca. 24°, in der Gipfelregion aufziehende Bewölkung, aber trocken.

Hilfsmittel:
Feste Bergschuhe, Stöcke, GPS-Maschine

Parameter:
Tour-Datum: 15. September 2018
Schwierigkeit: T2 (Steig T5, II-er Kletterstellen)
Strecke: 14.9 km, Wanderweg Nr. 3 ab Wanderparkplatz Riedlerhof (1503 m) – Almschank Tengler (1617 m) – Riedler Pill – Schartl (2381 m), Sarner Scharten-Biwak – Sarner Scharte (2468 m) – P.2401 – Villandersberg (2509) – P.2401 (Einstiegstelle Steig) – Gesicherter Steig (Kletterstellen II Weg Nr. 18A) – P.1989 (Hinteren Herrn) – Almschank Waldrast (1762 m) – Weg Nr. 3A via Hallerhof – Riedlerhof
Aufstieg: ca. 1082 m
Abstieg: ca. -1067 m
Benötigte Zeit inkl. Pausen: 7 Std. 30 Min.
Benötigte Zeit ohne Pausen 4 Std. 40 Min.
Tageszeit: 09:20 bis 17:00 Uhr